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Versaille den 11. May 1685.
… Ich habe den obermarschalck von Steincallenfels
[1] sehr examinirt,
wo doch der haß herkommen muß, so mein bruder vor seine gemahlin undt
fraw mutter eine zeit lang her erwießen, hab aber nichts anderst von ihm
bringen können, alß daß ein Docktor
[2] ihm, nehmblich meinem bruder, weiß
gemacht hatt, daß er sterben würde, wenn er bey seiner gemahlin lege, undt
daß man ihm solches unmöglich wider hette auß dem kopff bringen können,
ob er zwar selbsten den docktor alß einen schelmen undt nichtswürdigen
menschen weggejagt hette. Was aber die Churfürstin unßer fraw mutter
betreffe, davon wuste er gar nichts. Mein bruder leügenet gar sehr, daß er
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willens geweßen seye, eine andere gemahlin zu nehmen, aber mein fraw mutter
glaubt doch, daß etwaß dran geweßen, undt so viel ich mercken kan, hatt sie
waß hart dagegen wie billig gesprochen, undt deßwegen glaube ich, daß sie
mitt meinem bruder ist brouillirt geweßen. Waß unßere princen de Conti
ahnbelangt, so weiß man noch nicht, ob sie nicht in Dalmatien werden; es
ist mir leydt, daß sie nicht ahn E. L. hoff geweßen sein, damitt sie doch
sehen mögen, daß unßere teütsche fürsten undt regirende hertzogen sich nicht
lumpen laßen undt daß sie eben das gröste recht nicht haben, wenn sie sich
beßer düncken alß sie. Es ist mir von grundt meiner seelen leydt, daß ich
E. L. nicht alles sagen kan, was ich gerne wolte, denn ich bin versichert,
daß, wenn ich E. L. alles verzehlen solte, was ich hirauff weiß, E. L. würden
sich ein augenblick divertiren, allein ich darff es der feder nicht vertrawen,
insonderheit in dießen zeiten, da man so überauß scrupuleus wirdt, auch so,
daß der König seinen beichtsvatter
[3] zu dem meinen
[4] geschickt hatt undt mir
heütte morgen hatt einen erschrecklichen filtz geben laßen über 3 punckten:
der 1. ist, daß ich zu frey im reden were undt mons. le dauphin gesagt
hette, daß, wenn ich ihn nacket von den fußsollen biß auff den scheytel sehen
solte, daß weder er noch niemandes mich tentiren könte; zum andern, daß
ich zugebe, daß meine jungferen galants hetten; zum dritten, daß ich mitt
der princes de Conti
[5] wegen ihre galants gelacht hette, welche 3 stück dem
König so mißfiehlen, daß wenn er nicht betracht, daß ich seine geschwey
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were, hette er mich von hoff congediert, worauff ich geantworttet, daß was
mons. le dauphin ahnbelangt, so gestehe ich, daß ich solches zu ihm gesagt
hette, indem ich nie gedacht, daß es eine schande seye, keine tentation zu
haben, hette auch nie gehört, daß es zu der modestie nothig seye; was ich
sonsten von kacken undt pißen frey zu ihm gesprochen, dießes seye mehr des
Königs schuldt, alß die meine, indem ich ihn hette hundert mahl sagen hören,
daß man in der famillie von alles reden könte, undt daß er mich hette sollen
warnen laßen, wenn er es nicht mehr gutt befunde, indem es die leichtste sach
von der welt zu corrigiren seye. Was den zweyten punckten ahnbelangt,
undt daß meine jungfern galants hetten, so mischte ich mich in nichts von
meinem hauße, würde also nicht bey dem ahnfangen, so ahm schwersten in
ordre zu bringen seye, aber daß doch solches nicht ohne exempel seye undt
daß jederzeit solches ahn höffen breüchlich geweßen undt daß also, wenn sie
nur nichts thäten was gegen ihre ehr, ich nicht glauben könte, daß solches
weder ihnen noch mir tort thun könte. Was den 3. punckten undt seine
dochter
[7] ahnbelangt, so were ich ihre hoffmeisterin nicht, ihr zu wehren, wenn
sie galants haben wolte, könte auch nicht drüber weinen, wenn sie mir ihre
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avanture verzehlte, undt weillen ich den König selber davon mitt ihr sprechen
hören undt mitt ihr lachen sehen, hette ich gemeint, daß es mir auch erlaubt
were: aber mad. la duchesse
[8] könte mein zeüge sein, daß ich mich nie in
nichts gemischt hette, were mir also gar schmertzlich, mich uhnschuldiger weiß
so übel vom König tractiret zu sehen undt alß wenn ich etwaß erschreckliches
verbrochen hette, undt solche wörtter zu hören, welche mir gar nicht zukämen
undt welche zu hören ich nicht were erzogen worden. Ich habe Mons. kein
wort von dießer histori gesagt, denn ich weiß, wie I. L. sein, sie würden
alles ärger machen; aber ich muß gestehen, daß ich woll von hertzen böß
über den König bin, mich wie eine cammerfraw zu tractiren, welches seiner
Maintenon
[9] beßer zukomme, alß mir, denn sie ist dazu geboren, aber ich
nicht. Ich weiß nicht, ob es den König gerewet, mir die harangue gemacht
zu haben, allein heütte morgen, alß er in die meß gangen, hatt er mir
freundtlich zugelacht, mir aber wars gar nicht lächerlich, hab derowegen woll
wider wie ordinarie eine tieffe reverentz gemacht, aber bitter sawer drein
gesehen. Waß weitter hierauß werden wirdt, werde ich E. L. berichten, wenn
ich es wißen werde; hette man mich so unschuldiger weiß exillirt, glaube ich,
daß ich durchgangen were undt zu E. L. kommen. …