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Versaille den 4. Juni 1686.
… Der herr Ferdinandt von Degenfelt
[1] hatt mir selber auch
einen großen brieff geschrieben undt alldaßelbe bericht, was er ahn E. L.
geschrieben habe, aber noch die zeit nicht finden können, ihm wider zu
antworten, allein er muß sich gedulden, biß mons. de Moras
[2] alles wirdt in
richtigkeit gebracht haben, denn selbiger ja nichts wirdt außgeben können, er
habe denn zuvor eingenohmen undt hernach die schulden examinirt, denn
ich sehe Monsieur in gar keinem humor, von seinem gelt heraußzugeben,
umb die sach zu precipittiren, denn so sehr alß man hir auch von grandeur
prallen mag, so seindt sie doch so karg in was bar gelt ahngeht, alß ahn
keinem ort in der welt, undt offt dermaßen, daß es eine schande ist. Es wundert
mich gar nicht, daß es allen Teütschen frembt vorkompt, zu sehen, daß
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Monsieur sich allein in die erbschafftsache mischt, denn sie wißen die frantzösche
ehepackten nicht, welche aber dermaßen beschaffen sein, daß alles was dem
weib in wehrenden leben ihres manns zukompt, in gemein mitt dem mann
zugehört undt der mann alß maistre de la communauté, wie sie es heyßen,
ist herr undt meister über alles, kan damitt thun undt handthiren, wie er es
gutt findt, ohne daß es das weib übel nehmen darff; stirbt aber der mann,
so kan das weib das ihrige, so der mann verthan, wider von des manns
gut nehmen, aber so lange sie beyde leben, ist der mann herr über alles,
undt das ist offt die ursach, daß zu Paris so viell ehescheydungen gibt, aber
jetzt in dießer erbschafft auch die ursach, daß ich gar nichts ohne Monsieur
decidiren kan, ob zwar solches in meinem nahmen muß außgeführet werden,
denn wenn dem nicht so were, können E. L. woll gedencken, daß ich nicht so
kindisch würde geweßen sein, mich nicht umb das meine zu bekümmern undt
Monsieur darinen allein walten zu laßen … Ich sehe leyder woll, wo alles
das meinige hingehen wirdt, aber wo kein mittel ist, muß man woll
schweygen. …