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Brief vom 1. Oktober 1687

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


73.


[087]
St. Clou den 1. October 1687.
… Ich kan E. L. doch dießes nicht verschweygen, daß der hoff jetzt so langweillig wirdt, daß man schir nicht mehr dabey dawern kan, denn der König bildt sich ein, er seye gottsfürchtig, wenn er macht, daß man nur braff langeweille hatt undt gequälert ist; seines sohns gemahlin[1] macht er durch die alte weiber, so umb sie sein, so quelern, daß es unaußsprechlich ist, alß zum exempel: ihre kinder seindt kranck, derowegen were die gutte fürstin gerne noch etlich tag lenger hir geblieben, umb bey ihnen zu sein, hirüber filtzt man sie auß undt sagt, sie wolle hir bleiben, umb nicht bey dem König zu sein; sagt sie dan, daß sie mitt will, so machen die weiber das geschrey gehen, sie frage nichts nach ihre kinder undt hette sie nicht lieb; suma sumarum: alles was man thut, ist unrecht. Ich vor mein theil kan nicht glauben, daß unßerm Herrgott mitt alter weiber lieb undt gritlich sein kan gedinet sein, [088] undt wenn das der weg zum himmel ist, werde ich mühe finden, hinein zu kommen. Es ist eine ellende sach, wenn man sein eygene raison nicht folgen undt sich auff alles nur nach interessirte pfaffen undt alte courtisanen richten will; das macht den ehrlichen undt auffrichtigen leütten das leben bitter sawer, aber was hilffts, hiezu ist kein raht. Ja wenn E. L. sehen solten, wie alles nun zugeht, würden sie von hertzen drüber lachen; die aber in dießer tiranie stecken, wie die arme dauphine undt ich, denen kompt die sach woll ridiculle, aber doch woll nicht so gar lächerlich vor. In dießem augenblick rufft man mir. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 1. Oktober 1687 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 87–88
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0073.html
Änderungsstand:
Tintenfass