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Brief vom 13. Dezember 1687

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


77.


[092]
Versaille den 13. December 1687.
… Ich dancke Gott, daß printz Max, unßer Carllutz undt meine alte gutte freünde so woll davon kommen sein undt viel ehre ohne schaden bekommen[1]. Wenn man von dem krieg spricht, lautt es gantz poetisch; wenn Carllutz auff den Parnasse undt Helicon geht, pretendire ich, daß er mir einen brieff gantz in versen schreiben wirdt; Athene[2] aber wirdt ihn gantz zu einem philosophen machen. Das arme blut hatt es woll von nöthen, denn sein glück ist nicht zu enviern. Weill graff Königsmarck[3] in Achille palast logirt, so wirdt Carllutz sein logement woll in Thesée seines haben. Wenn er dortten Medée ihr bücher finden könte undt darauß lernen, wie man durch die lufft reisen kan, so hette ich hoffnung, daß er baldt ein reißgen her thun würde undt mir verzehlen, waß er all schönes in Grichenlandt gesehen hatt, denn in solchen reisen hatt man kein gelt vonnöhten undt findt wenig stätte undt wirdtshäußer, sein gelt zu verzehren. … Ich bilde mir ein, daß, wenn oncle seine troupen wider nach hauß kommen werden, so werden sie sich in Grichenlandt gantz gepolirt haben undt von lautter gelehrten sachen undt antiquiteten sprechen; die völcker aber, so nun das Griechenlandt besitzen, müßen woll nicht so tapffer sein, alß sie vor dießem waren, weillen eine eintzige bombe, so in Minerve tempel gefahlen, sie so erschreckt, daß sie die berümbte statt Athene gleich übergeben haben. So große ehr alß oncle seine troupen auch in der Morée mögen bekommen haben, so glaube ich doch, daß es ihnen nicht leydt sein wirdt, das vatterlandt wider zu sehen, undt daß sie ihren breühan[4] undt pumpernickel mitt größer lust schmäcken werden, alß die griechisch weine, so so renomirt sein. Dem gutten generalmajor Ohr[5] wünsche ich ein vollkommen vergnügen in der Venetianer dinsten, denn er ist auch noch von meinen alten gutten freünden; was er vor mir zu Clopenburg[6] gethan, davor bin ich ihm noch sehr obligirt; allein was er da salvirt, meritirt woll nicht, daß man es unter seinen großen thaten rechnet, denn es war woll nicht der mühe werdt, undt weiß ich nicht, ob mir schir nicht beßer geschehen were, wenn er mich damahls hette verbrennen laßen, alß mein leben in ewigen zwang zuzubringen. Solle ich dießen discours fortführen, würden E. L ohne zweiffel glauben [093] undt gedencken, daß mir das miltz waß raßt, will derowegen von waß anderst reden. Daß zu Berlin nun alles vergeßen ist, vernehme ich mit großen freüden; Gott gebe, daß es so mag vergeßen bleiben. … Die arme Bentzin[7], so meine alte gutte freündin ist, jammert mich, daß sie ihren mann, den großvogt Hamerstein[8] verlohren hatt, denn ich sorge, daß ihre stieffsöhn nicht woll mitt ihr leben werden. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 13. Dezember 1687 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 92–93
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0077.html
Änderungsstand:
Tintenfass