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St. Clou den 14. Aprill 1688.
Die gutte fraw von Harling undt ihr mann
[1] haben begehrt, daß ich
ihnen ihren nepheu
[2] schicken möge, umb mitt seinen brüdern zu theillen,
weillen ihr vater vergangen jahr gestorben ist; dieße gutte undt sichere
gelegenheit habe ich nicht versäumen wollen, E. L. gantz mein hertz zu
entdecken undt alles zu sagen was mich plaget, so ich der ordinari post nicht
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vertrawen darff: muß mein hertzlieb ma tante also bekennen, daß ich eine
zeit hero gar unlustig bin, ob ich mich deßen zwar so wenig mercken laße,
alß es mir immer möglich ist. Man hatt mir vertrauet die rechte ursachen,
weßwegen der König den ritter von Lotteringen undt den marquis Deffiat
so woll tractirt, nehmblich weillen sie ihm versprochen haben, daß sie
Monsieur persuadiren wollen, daß er den König gantz unterthänig bitten solle,
der Montespan
[3] ihre kinder mitt den meinen zu verheürahten, alß nehmblich
meine dochter
[4] ahn den hinckenden duc du Maine
[5] undt meinen sohn
[6] mitt
mad
lle de Blois
[7]. Die Maintenon ist in dießem fall gantz vor die Montespan,
weillen sie dieße bastart erzogen undt den hinckenden buben so lieb hatt, alß
ihr eygen kint… Nun dencken E. L., wie mir dabey
[8] zu muhte muß sein, daß
ich meine dochter allein solte so gar übel versorgt sehen, da doch ihre
schwestern
[9] so woll verheüraht sein
[10]. Solte doch der duc du Maine kein
kint von doppelten ehebruch sein undt ein rechtmäßiger printz, so mögt ich
ihn doch nicht zum schwigersohn, noch seine schwester zur schwigertochter haben,
denn er ist abscheülich heßlich undt lahm undt hatt sonsten schlimme
qualiteten ahn sich, karch wie der teüffel undt gar kein gutt gemüht; seine schwester
hatt woll ein gutt gemüht, ist aber so erschrecklich krencklich undt hatt stehts
so blöde augen, daß ich glaube, daß sie endtlich blindt wirdt werden, undt
über diß alles seindt sie bastart von doppelten ehebruch, wie schon gesagt,
undt kinder von dem bößesten undt verzweiffelsten weib, so die erde tragen
mag. Nun laß ich E. L. gedencken, wie sehr ich dießes wünschen kan; was
das ärgste ist: ich darff Monsieur von der sachen nicht recht herauß sprechen,
denn er hatt die schöne gewohnheit ahn sich, daß, wenn ich ihm ein wort
sage, solches gleich dem König ahnzutragen, viel dazu zu setzen undt mir bey
dem König hundert händel ahnzumachen; bin also in großen nöhten undt
weiß nicht, wie ich es ahnfangen soll, dießes unglück zu entgehen.
Unterdeßen kan ich nicht laßen, mich innerlich zu quellen
[11], undt allemahl wenn
ich dieße bastart sehe, geht mir das bludt über, auch laß ich mein hertzlieb
ma tante gedencken, wie es mich schmertzen muß, meinen eintzigen sohn undt
meine eintzige dochter die victimes von meinen ärgsten feinden zu sehen, welche
mir täglich alles übel ahnthun undt gethan haben, ja gar die ehre durch
ihre falschen discoursen haben abschneyden wollen, denn man sagt, daß der
Deffiat
[12] versprechung habe, duc zu werden, undt der ritter
[13] eine gar große
sum gelts bekommen solle, undt unterdeßen erhebt man sie in den himmel
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durch hundert gutte tractementen; mich aber tractirt man gar schlegt undt
scheint es, daß man mir schir gnade thut, daß man mich so hinleben lest.
Dieße chagrins, wovon ich E. L. hir part gebe, kommen nicht von humoren
noch vom miltz, sondern seindt gar essentiels, denn nun ich leyder alle die
meinigen verlohren, was kan mich in dießer welt mehr touchiren, alß E. L.
undt meine arme kinder; dieße so zum opffer vor meiner feinde grandeur
auffgeben zu sehen, ist ja das schmertzlichste ding, so man sein leben
entpfinden könte, ja ich selber werde vielleicht über dießer sachen exillirt werden,
denn spricht mir Monsieur ernstlich davon, so werde ich nicht unterlaßen,
ihm meine meinung zu sagen, welche er dan dem König auff seine ordinari
manir vorbringen wirdt, solches auch seinen favoritten nicht verhehlen, welche
es denn bey dem König (welchem sie nun stättig ahn den ohren liegen) woll
vor mich herumb threhen werden. Ja, solte der König selber mich zu
estoniren mir von der sachen reden, so werde ich ihm selber teütsch herauß
bekenen, daß mir die sach gar nicht ahnsteht, welches ihn dan ohne zweiffel
sehr verdrießen wirdt, mitt welchen respect ich auch dießen abschlag trehen
mag. Also mag ich mich nur gefast halten, daß mir hinfüro allerhandt
widerwertiges zufallen wirdt. Ich bitte E. L. taußendtmahl umb vergebung,
daß ich E. L. mitt solchen langweilligen undt widerlichen discursen
entretenire, allein, mein hertzlieb ma tante, weillen E. L. mir so gar gnädig sein
undt kein mensch hir ist, dem ich genung vertrawen darff, umb mein
hertzenleydt zu klagen, so habe ich gedacht, daß E. L. es nicht in ungnaden
auffnehmen würden, daß ich durch dieße so gar sichere gelegenheit mein hertz
erleichtere, denn Harling
[14] ist mir gar getrew, wirdt gewiß dießen brieff in
keine andre hände alß E. L. ihre überandtworten. Ich bitte, E. L. sagen
doch ahn niemandes nichts hirvon alß ahn oncle undt die gutte fraw von
Harling undt andtworten mir auch nichts hirauff durch die post, sondern
nur durch mein Harling, wenn er wider zurück kompt. Was soll ich E. L.
nun noch weitters sagen; nichts guts weiß ich, denn der hoff wirdt jetzt
durch die continuirlichen heücheleyen so langweilig, daß man schir nicht mehr
dauren kan, undt unterdeßen daß man allen menschen marck undt bein
außmergelt, umb sie (wie man sagt) zur tugendt undt gottesfurcht zu bringen,
wehlt der König die lasterhafftesten leütte von der welt, umb stehts damitt
umbzugehen, alß nehmblich die lottringer undt den Esfiat. Ich habe nicht
erfahren können, ob der König die Maintenon geheüraht hatt oder nicht;
viele sagen, daß sie seine fraw seye undt daß der ertzbischoff von Paris
[15] sie
zusammen geben habe in beysein des Königs beichtsvatter undt der Maintenon
bruder; andere aber sagen, es sey nicht wahr, undt man kan ohnmöglich
erfahren, was dran ist. Was aber gar gewiß ist, ist, daß der König nie vor
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keiner maistres die passion gehabt hatt, so er vor dießer hatt, undt es ist
etwaß wunderliches, zu sehen, wenn sie beysammen sein; wenn sie ahn einem
ort ist, kan er keine viertelstund daweren, ohne sie ins ohr zu sprechen undt
heimblich mitt ihr zu reden, ob er zwar den gantzen tag bey ihr geweßen ist.
Sie ist ein bößer teüffel, so von jederman sehr gesucht undt geförcht wirdt,
aber wenig beliebt ist. Der gutten mad. la dauphine, welche woll die beste
princes von der welt ist undt ein gutt auffrigtig gemüht hatt, der macht sie
offt hundert händel ahn, ob selbige zwar ihren besten fleiß thut, sie zu
gewinnen; hergegen aber hatt das weib den dauphin gantz ahn sich gezogen,
umb sich noch desto mehr von aller welt undt insonderheit von der dauphine
fürchten zu machen. Das ist der standt, in welchem der jetzige hoff nun ist.
Noch einß hab ich vergeßen zu sagen: damitt es nicht scheindt, daß die
Lotteringer sich in die sache von meiner kinder heüraht mischen, so hatt die
Maintenon undt die Montespan der großen ma
lle[16] in den kopff gesteckt, daß,
weillen mons. du Maine ihr erb seye, so müste sie ihm noch all ihr übrig
gutt geben, auff den beding, daß er mein dochter heürahten solle, undt daß
also ihr gutt wider in ihr eygen hauß kommen würde durch Monsieur seine
kinder. Was weitter von dießem allen werden wirdt, wirdt die zeit lehrnen. …