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Brief vom 12. März 1690

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


97.


[117]
Versaille den 12. Mertz 1690.
Das exempel von dem armen margraffen[1] von Durlach jammert einem woll von hertzen, undt was mich noch mehr dran jammert, ist, daß der arme herr, wie mons. le dauphin vor Philipsbourg war, all sein bestes gethan, umb mr. le dauphin zu gefahlen, hatt ihn besucht undt presenten gebracht, das andere jahr hernach danckt man ihn, wie E. L. sehen. Ich ken den armen margraffen sehr, hab ihn offt zu Heydelberg gesehen; der [118] bischoff von Strasbourg, nicht der itzige[2], sondern sein herr bruder[3], undt der margraff Ferdinant von Baden hetten gerne gesehen, daß ich ihn bekommen hette, undt eine zeit lang waren I. G. der Churfürst s[eelig][4] eben nicht sehr dagegen, denn die raugräffin[5] hette es auch gern gesehen; zu der zeit kam er all zimlich offt nach Heydelberg, hernach durch eine wunderliche avanture, so seinem herrn vatter widerfuhr undt so zu lang zu erzehlen ist, wurde nichts auß der sach[6]. Seine gemahlin[7] kene ich nicht undt habe sie nie gesehen, er, der marckgraff, aber hatt mir viel von ihr gesprochen vor 7 jahren, wie ich zu Strasbourg war, denn er war den gantzen tag bey I. G. der Churfürstin[8], mein fraw mutter s[eelig] oder bey mir, undt er hatt sie mir sehr gerümbt, die eintzige klage, so er über sie hatte, war, daß sie zu jalous war; die gutte margräffin wirdt es nun woll noch mehr werden, nun sie von den kinderblattern verdorben ist. Sie jammern mich woll von hertzen undt mögte ihnen ein beßer glück wünschen. Ich weiß nicht, warumb man [119] einen mitt ander leütt unglück trösten will, contrari, mich deücht, das macht einen noch ängster, zu sehen, daß noch mehr unglück in der welt sein, so einem auch begegenen können, undt daß, wenn das unglück einmahl ahnfängt, so zieht es hundert nach sich undt ist ohne endt, wie man ahn dießen armen fürsten siht. … Wenn es je geschehen solte, daß E. L. mein dochter so woll alß mich verheürahten solten, so müsten E. L. noch leben biß daß sie auch meiner dochter dochter versorgt hetten, denn was sich zweit, das muß sich 3ten, wie man im sprichwort sagt[9]. Dieselbe muß dan einen von E. L. enckel bekommen, umb den maußdreck[10], so unter den pfeffer gekommen, wider vergeßen zu machen. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 12. März 1690 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 117–119
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0097.html
Änderungsstand:
Tintenfass