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Brief vom 20. August 1690

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


100.


[122]
St. Clou den 20. Augusti 1690.
… Weillen ich sehe, daß die hießige naredeyen E. L. ein wenig divertiren, so schicke ich E. L. hirbey alle lieder, so jetzt gesungen werden, welches eben keine ehrengedichte vor unßern armen König in Engellandt[1] sein, undt E. L. werden dadurch sehen, daß, ob sie schon hir im landt den König lieb haben undt den printzen von Oranien[2] haßen, so estimiren sie [123] doch dießen letzten viel mehr, alß den ersten, wie es die lieder außweißen. Vergangen Donnerstag haben wir den armen König undt die Königin[3] hir gehabt: die Königin war gar serieux, der König aber gar lustig. Er hatt mir wider nach E. L. gefragt. Ich weiß nicht, wer die flatteurs müßen geweßen sein, so dießes Königs verstandt so sehr vor dießem müssen gelobet haben, denn soviel ich davon judiciren kan, so ist wenig darhinder. Die Königin aber hatt verstandt undt ihre conversation ist angenehm; etlichmahl entfehrt ihr etwaß, so sie denckt, denn es schmertzt sie innerlich, zu sehen, wie alles geht. Ich hörte in der calesch ein dialogue, welcher mich divertirte: Monsieur nach seiner gewonheit sprach von seinen juwellen undt meublen, sagte endtlich zum König: Et V. M., qui avoit tant d’argent, n’avés vous pas fait faire et acomoder quelque helle maison? De l’argent, sagte die Königin, il n’en avoit point, je ne luy ay jamais vu un sous. Der König sagte: J’en avois, mais je n’ay point achetté des pierreries ny meubles ny n’ay point fait accomoder des maisons, je l’ay tout employé à faire bastir des beaux vaisseaux, fondre du canon et faire des mousquets. Ouy, sagte die Königin, cela vous a servi de beaucoup et cela a tout esté contre vous. Damitt endigte die conversation. Wenn es nach des letztverstorbenen Königs in Engellandt prophezeyung gehen solte, so würde der gutte Roy Jacque nicht einmahl zum heyligen werden können, denn mad. de Portsmuth[4], so wir vor etlichen tagen hir hatten, hatt mir verzehlt, daß der verstorbene König alß sagte: Vous voyés bien: mon frere, quand il sera roy, il perdra son royaume par zelle[5] pour sa religion, et son ame pour des vilaines genipes[6], car il n’a pas le goust assés bon pour en aimer de belles, undt es geht schon nach dießer prophezeyung, denn die Königreiche seindt fort undt man sagt, er hette zu Dublin zwey heßliche schätzger gehabt, wo er alß bey geweßen were; [ich] glaube nicht, daß er dortten wie François de Borgia[7] auff der erden gelegen seye. Wenn sein retraitte nach Rom unß einen gutten frieden verschaffen könte, wolte ich, daß er baldt seine reiße hin nehmen mögte, denn ich bin des kriegs sehr müde. Je mehr man dießen König sicht undt von dem printzen von Oranien reden höret, je mehr excusirt man den printzen undt sicht man, daß er estimable ist. E. L. werden vielleicht dencken, daß alte lieb nicht rost[8], aber es ist gewiß, daß ein verstandt, wie der seine ist, mir beßer gefelt, alß ein schön gesicht. … [124]
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 20. August 1690 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 122–124
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0100.html
Änderungsstand:
Tintenfass