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Brief vom 6. September 1690

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


102.


[124]
Versaille den 6. September 1690.
… Solte ich bey E. L. sein, weiß ich gar woll, daß ich E. L. nicht so woll würde divertiren können, alß die operaen, allein ich würde doch E. L. vielleicht solche sachen von hir verzehlen können, so E. L. doch mehr würden lachen machen undt welche sich gar nicht schreiben laßen. Ich versichere E. L. auch, daß ich mich vielmehr zu dießelben auß dießer ursach halben wünschte, alß umb die schöneren decorationen von hertzog Anton Ulrich[1] zu sehen, undt wenn E. L. ja altfränckisch heißen, wenn man nichts mehr nach solchen sachen fragt, so muß ich gestehen, daß ich es auch über die maßen sehr geworden bin. Ich glaube, daß wenn man in seinem leben große betrübtnuß außstehet, so kan einen dergleichen sachen wenig mehr freüen, denn mir ist es so ergangen. Ich wolte, daß ich einen ring finden mögte, der einen unsichtbar machen könte, alß wie den, so man ahn Angelique im opera von Rolland[2] gibt; ja wenn ich den hette, würde ich keiner machine von nöhten haben, umb zu E. L. zu fligen, denn eher 3 wochen vorbey gingen, würden mich E. L. gewiß bey sich haben, undt gantz allein ohne den ambaras[3] von meiner facheusen suitte. Ich bin versichert, daß es E. L. sehr verwundern solte, wenn sie mich so auff einmahl daher würden kommen sehen. Ich habe aber leyder dießen ring noch nicht gefunden; die teütsche wie auch die frantzösche arméen in Flandern haben vielleicht dieße steine gefunden, daß sie einander so unsichtbar werden, denn in mons. de Luxembourgs[4] armée sagt man, daß die Teütschen sich verkrigen, wie selbige E. L. solches von den Frantzoßen sagen … Ich habe mitt I. M. zu Marly den hirsch gejagt, wobey sich I. M. sehr woll divertiret haben, ich rente mitt dießem gutten König zu pferdt undt unßer König rente mitt der Königin in Engellandt in caleschen den hirsch. Ich glaube, daß dieße Königin woll wünschen mögte, daß ihr herr [125] nie keine schönere damens, alß ich bin, sehen mögte, so würde ihr gemühte woll ohne jalousie undt in ruhen sein können undt le bon Roy Jaque ohne maulschellen bleiben. Selbiges königs cammerdinner versichern, daß I. M. zu Dublin 2 maistressen gehabt haben; hir aber helt er sich gar erbarlich; ich weiß nicht, ob es auß forcht vor seine gemahlin ist oder umb sich nach hießiger moden zu regliren undt durchauß den devotten zu agiren, denn er geht fleißig in die saluts undt predigt. …
Es ist mir leydt, daß der verdrießliche undt widerwertige krieg verhindert, daß ich das glück nicht haben werde, I. L. printz Maxmillian zu sehen; I. L. seindt nun zu groß, umb von mir reformirt zu werden, allein ich weiß schon ein raht umb daß er nicht wegen sein reden hir würde exilirt werden: er mögte sich nur ahnstellen, alß ob er die weiber haßt undt die buben lieb hatt, so wirdt man ihm alles erlauben was er will undt wirdt noch dazu des Königs beichtsvatter[5] bester freündt sein können, wenn er nur will. Aber ich komme schir ein wenig zu weit in den text, muß einhalten; wenn ich aber ins plaudern komme, so habe ich mühe zu schweygen, muß derowegen endigen …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 6. September 1690 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 124–125
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0102.html
Änderungsstand:
Tintenfass