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Brief vom 7. Januar 1691

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


109.


[129]
Versaille den 7. Januari 1691.
… Nach der vesper hatt mir der König die gnade gethan, 2000 pistollen zu schicken; ob es zwar schon vorgegeßen brodt war undt ich nicht [130] davon profitiren können, indem ich es nur gebraucht, ein theil von meinen schulden zu zahlen, so hatt es mich doch sehr gefreüet, erstlich dadurch zu sehen, daß ich nicht so in ungnaden diß jahr bin, wie vorgangen jahr, undt darnach auch so erhelt, daß mein credit bey denen, so mir gelt lehnen, wenn sie sehen, daß ich meine schulden zahle, habe also gleich 1500 pistollen à part gezehlt undt gleich bezahlt. E. L. gedencken vielleicht: Lisselotte ist abgeschmackt, daß sie so langweillige sachen von ihren schulden hervorbringt, undt hirin haben E. L. recht, allein, mein hertzlieb ma tante, E. L. wißen woll, daß ich E. L. allezeit alles sage was mir im kopff kompt, habe derowegen dießes auch sagen müßen. … Ich habe nicht eher schreiben können: Dinstag alß andern tags vom neüen jahr hatt der König nach Trianon gewolt, wegen boßes wetter aber nicht gekönt, also hatt man in dem großen apartement[1] gespilt von 4 nachmittags biß umb 10 abendts daß man zum nachtessen gangen, undt weillen man mir gelt geben, habe ich ja damitt prangen müßen, also nicht auß dem apartement dörffen gehen. Mitwogens seindt wir nach St. Germain, umb dem König undt der Königin in Engellandt ein glücklich neujahr zu wünschen; so gutt man es ihnen auch wünschen mag, förchte ich doch, daß es nicht viel vor ihnen nützen wirdt, es gingen denn viel verenderungen vor. Donnerstag war wider apartement, Freitags war es zu spät, umb auff die post zu schreiben; gestern hatt man les rois gefeyert[2], wie es hir zu landt der brauch ist. Der König undt die Königin in Engellandt seindt herkommen, haben den gantzen abendt gespilt, undt alß man zur taffel gesolt, hatt man in einem saal geßen, wo 5 taffellen waren, ahn jeder 16 personen; die erste hilt unßer König mitt den Englischen Königlichen personnen undt ihren damens, die 2. Mr. le dauphin, die 3. Monsieur, die 4. ich, undt die 5. mein tochter. Gleich nach dem eßen ist der König undt die Königin in Engellandt wider nach St. Germain, alle die andern seindt wider zum spiellen. Es waren paucken, trompetten undt hautbois im sahl, das lauttete ein wenig auff unßere gutte teütsche art, denn wie man rieff Le Roy boit, war es ein erschrecklich geraß; ahnstatt daß mich dießes hette lustig machen sollen, hatt es mich gantz trawerig gemacht, denn es hatt mich gantz ahn meines armen brudern seeligen[3] beylager[4] erinert undt also ahn alles was ich seyder dem liebes verlohren; das ist mir so zu hertzen gangen, [131] daß mir die threnen drüber seindt in den augen kommen, undt bin fro geweßen, wie es ein endt genohmen hatt. …
Die arme Pfaltz jammert mich woll von hertzen so woll alß E. L.; waß ich davor gesprochen, hatt leyder wenig genutzt, undt so sehr alß man E. L. auch complimentirt, fürchte ich doch, daß sie wenig ausrichten würden, wenn sie vor das arme Heydelberg reden solten…
Skelton[5] sagte gestern, daß hertzog Jorg Wilhelms gemahlin[6] nach Hollandt [reisen] wirdt, weillen sie sich vor ein pfeiller der reformirten religion helt, aber die gottesforcht wirdt woll die bazette[7] zulaßen. Ich wolte, daß printz Gustien[8] das gelt hette, so dort wird verspiellet werden, welches ihm woll zu paß solte kommen, nun er das seine verlohren…
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 7. Januar 1691 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 129–131
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0109.html
Änderungsstand:
Tintenfass