Seitenbanner

Brief vom 30. Juni 1691

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


114.


[133]
St. Clou den 30. Juni 1691.
… Ich sehe, daß der holzmarckt zu Hanover[1] ist wie les galopins hir, denn wer die rechten zeitungen wißen will undt waß man vor ahm geheimbsten helt, wißen dieße schmützige bursch alle; durch sie hatt man auch erfahren, daß der König Mons belagern würde[2], undt wenn ich eine zeittung hore, frag ich gleich les galopins le disent ils? Wenn man sagt: ouy, so glaube ich es, sagt man: non, so zweiffle ich dran, so wahr alß es auch scheinen mag. … Ich glaube, ich werde hinfüro den printz von Oranien auch [134] König Wilhelm heißen, denn la Neuville hatt mir gesagt, daß er so viel guts ahn mad. la contesse de Soisson[3] von meinem sohn gesagt hatt undt so gutte opinion von ihm hatt, daß ich ihm dießes woll rechten danck weiß, undt ich finde, daß er doch ein noble gemühte muß haben, ein kindt zu loben, so man erzicht, gegen ihn zu kriegen. Wen ich aber recht lieb hab, das ist unßer gutter ehrlicher Churfürst zu Pfaltz[4]. Ich kene I. L. woll, habe sie lang hir zu Paris gesehen undt allzeit das beste gemüht von der welt gefunden, undt das weist er ja nun auch woll auß, indem er die raugräffliche kinder undt I. G. meines herrn vatter seeligen trewe bedinten gnädig ist, bedawere nur, daß ich dießen armen leütten kein guts habe thun können. Solte es friden werden, kan ich nicht hoffen, daß der große mann[5] etwaß guts vor die raugräffliche kinder thun würde, denn erstlich so setzt man die conscience nicht auff dießen punckten, das erstatten ging zu weit, undt glaube ich nicht, daß es ein wort ist, welches man hir brauchen darff; undt zum andern so betriegen sich E. L. woll sehr, wenn sie meinen, daß ich gar woll bey hoff stehe. So lang die alte zot[6] leben wirdt, werde ich übel bey hoff sein, denn ihr haß ist ohne ende gegen mir, je mehr civilitet ich ihr ahnthue, je ärger es ist, derowegen gar nicht von denen außerwehlten, so die comedien zu St. Cire[7] hören dürffen, welche ich, umb die warheit zu bekennen, lieber hörte alß das pay may vor dem salut. …
Ich wünsche von hertzen, daß der sawerbrunnen, zu welchen E. L. ziehen werden[8], E. L. die melancolie auß den hertzen abwaschen mag; der brunnen muß sein wie Pirmont zu meiner zeit war, da man ja auch wenig heüßer sahe; ich glaubte, daß ein ort wie Carlsbadt, wo man gutte geselschafft findt undt spillen kan, beßer vor E. L. gesundtheit were, alß der miraculeuse bronnen, wo man nur bettler findt …
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 30. Juni 1691 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 133–134
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0114.html
Änderungsstand:
Tintenfass