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Brief vom 23. August 1691

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


118.


[136]
St. Clou den 23. Augusti 1691.
… Ich glaube woll, daß wenn E. L. auß gentilesse reitten wolten, umb eine gavalcade[1] zu thun, umb die adresse undt bonne grace zu weisen, würde es sich eben jetzt nicht reimen, allein solches nur vor ein par stunden zu thun alß ein remede undt umb die miltz zu schuttellen, insonderheit ahn E. L. eigen hoff, da sie meister sein, hab ich nicht gemeint, daß es wunderlich scheinen würde, undt weillen E. L. ja Gott sey danck noch schenckel genung haben, umb braff zu fuß zu spatziren, hab ich gemeint, daß sie sich noch eben so woll zu pferdt halten würden. Ich habe es hirin gemacht wie die doctoren, die rahten gemeinlich was sie gern thun, alß zum exempel: die keinen wein vertragen können, sagen, daß man waßer drincken solle; die aber gerne sauffen, rahten immer den wein undt sagen, er sterckt den magen. So hab ich es auch gemacht: ich jage gerne undt befinde mich woll darbey. Wenn des großen mann[2] seine freündtlichkeit nicht interessirt ist, so wirdt sie mir gar woll ahn meiner miltz thun, solte er aber nur den zaun umb den gartten grüßen[3] undt mich flattiren, umb meinen sohn[4] ahn sein heßlich undt unahngenehmes medel[5] zu geben, so würde es mir mehr ahn der miltz schaden alß dinen. Gott gebe, daß ich mir oncles halber à la mode bleiben möge, so ist alles gutt. Solte es wahr sein, daß mons. de Louvoy sol vergifft worden sein, so glaube ich nicht, daß es seiner söhne arbeyt ist, so boßhafft alß sie auch sein mögen, glaube vielmehr, daß ein dockter das stück gethan einem alten weib[6] zu gefahlen, dem mons. de Louvoy großen verdruß ahngethan undt von welcher er gar frey geredt hatt, wie man sagt, alß er I. M. nach Mons geführt hatt. Es schien nicht, daß sich der König sehr incomodirt befunden nach mr. de Louvoy todt, denn ich habe ihn in langer zeit nicht lustiger gesehen, alß er war etliche tage nach dießes manns todt…
Wolte Gott, ich könte E. L. noch einmahl hir auffwarten, hernach wolte ich gerne sterben. Ich bin gewiß, daß E. L. den neüen parq schön finden würden, denn er ist voll alleen undt großen fontainen undt die schönste außsicht von der welt, undt hinder dem hauß hir hatt Monsieur einen berg [137] abgeschnitten, ein parterre undt orangerie gemacht, so de plain pied von seinem cabinet auff einer seitten, undt von der gallerie auff der andern seitten ist, wo E. L. genung zu spatziren finden würden; Monsieur würde sich eine rechte freüde machen, E. L. dießes alles zu weisen. Unter uns geredt: so finde ich unßere gärtten hir ahngenehmer alß die von Versaille, ob sie zwar nicht so magnifique sein, denn sie seindt mehr ahn der handt undt haben mehr schatten.
Ich muß eine sach zu unßers Königs lob sagen: man hatt, das weiß ich gewiß, I. M. offt offrirt, den printz von Oranien[7] hinzurichten auff eine oder andere weiß; I. M. haben aber nie nicht drin consentiren wollen, bin also versichert, daß sie nichts von dießem kerl wißen, so man in Hollandt ertapt hatt; andere aber mögen ihn woll bestochen haben. Ich bin wie der printz von Oranien undt glaube so fest die predestination, daß ich woll versichert bin, daß man sein glück oder unglück nie entgehen kan. … Ich glaube, mons. de Roquelaure meint, man könne den printzen von Oranien nicht anderst ensentiren[8], denn man hatt mir gesagt, daß, alß er den printzen gesehen, daß er mitt einer lunette d’aproche[9] ins Königs lager gesehen, hette er die hoßen abgethan undt seinen hindern gewießen, worauff seine feinde sagen: il n’ose monter son nez aux ennemis. Es ist aber nun zeit, daß ich schließe …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 23. August 1691 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 136–137
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0118.html
Änderungsstand:
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