[150]
St. Clou den 22. May 1692.
… In dießer zeit, glaube ich, daß man wenig weiß, was heylig ist
oder nicht; die halt ich vor die heyligsten, so ihren negsten ahm wenigsten
leydt thun undt gerecht sein in ihrem wandel. Aber das finde ich bey den
devotten gar nicht, contrari, niemandes hatt einen verbitterten haß in der
welt undt were es woll nicht schlimer, in der Turquen hände zu fallen, alß
[151]
in dießer unbarmhertzigen leütte. Ich weiß, was es kost, undt habe die probe
davon. Ich muß E. L. gestehen, daß, ob solche devotten zwar auch meine
negsten sein, kan ich sie doch nicht lieben alß mich selbst, undt wenn ich mich
examinire, finde ich nur, daß ich die lieb habe, so mich lieb haben oder auffs
wenigst mich nicht haßen, halte es also vor eine schwere sach, die h. schriefft
hirin zu folgen. … Wenn der große mann etwaß nach die Bouillons fragte,
were es kein wunder, daß er sie preferirte, aber er hatt nie nichts nach ihnen
gefragt; das ist surprenant undt ich kans nicht begreiffen. Die alte zott
muß sich von ihnen, nehmblich von den Bouillons haben gewinnen laßen,
denn er sicht nicht mehr alß durch ihre augen. Sie macht, wie man mir
schreibt, eine große figur zu Mons. Der König ist auß der armée nach
Mons, selbigen ort zu besehen; die damens waren alle dort ahnkommen, undt
ob zwar meines sohns gemahlin undt die 2 princessinen de Conti dort
waren, hatt doch der König sie alle in mad. de Maintenon cammer kommen
laßen undt dortten alle damens von der province undt alle stifftsjungfern
auch kommen laßen en habit de ceremonie, welche mitt gantzem hoff 3 stundt
lang in dießer zotten cammer gewahrt
[1] haben, unterdeßen daß der König
mitt der alten zot in ihrem cabinet ist eingesperrt geweßen. Das wirdt ein
schön article geben vor den holländischen lardon. …