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Brief vom 19. Juni 1692

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


137.


[154]
St. Clou den 19. Juni 1692.
… Ich habe nicht vanitet genung, zu glauben, daß ich gar viel wehrt seye, allein die verachtung, so der König vor mich hatt, ist so erschrecklich, daß ich ohne einige vanitet woll glauben kan, daß ich solche nicht meritire, insonderheit indem er mich braviren lest von einem alten weib[1], so all ihr leben, ohne einigen ruhm zu melden, ein ärlicher[2] leben geführt hatt, alß ich. Aber mein parthy ist gefast, ich will hinfüro, wo mirs möglich ist, die zeit nehmen wie sie kompt undt nur vor meine gesundtheit sorgen, denn ob ich schon nicht jung mehr bin, so ist doch die alte zott älter, alß ich, hoffe also, daß ich noch vor meinem endt den spaß haben werde, den alten teüffel bärsten zu sehen. Man muß die rechte warheit bekennen, unßer gutter König Jacop ist ein gutter ehrlicher mensch, aber der einfeltigste, den ich mein leben gesehen, denn ein kint von 7 jahren würde keine so grobe fautten begehen, alß er; die gottesforcht macht ihn nicht raßendt wie sanct Paullus[3], aber [155] sie macht ihn erschrecklich thum[4]. Es ist doch zu beklagen, daß er so viel leütte durch seine unvorsichtigkeit ins unglück gestürtzt hatt, so ihm treülich dinten. Ich bin woll E. L. meinung, daß die den galgen woll recht meritiren, so offtermahlen umbgesattelt haben undt beyden Königen geschworen; daß aber leütte sein, so König Wilhelm lieber haben undt mehr estimiren, alß den König Jacop, das kann ich ihnen ja nicht verdencken. Ich habe E. L. schon letztmahl gesagt, daß ich woll mein kopff zu pfandt setzen wolte, daß unßer König den assassinat[5] weder befohlen noch consentiret hatt, da ist er incapable zu; was mich aber glauben macht, daß das alte weib es ohne sein wißen in seinem nahmen befohlen, ist, daß man mir gesagt, sie hette dem König entbotten, sie wüste gewiß, daß der printz von Oranien[6] einen mann nach Philipeville geschickt hette, die brunen zu vergifften, deßwegen hatt man die damen nach Disnant[7] geführt. Da sehen E. L. woll, was das weib capabel ist, denn ich bin versichert, daß obgemelter printz ahn die brunen zu vergifften gedacht hatt wie ich jetzt, mich zu hencken, aber das geschrey bringt sie auß, damitt man sagen könte, daß es eine lüge seye, daß man König Wilhelm hatt assassiniren wollen; drumb sage ich noch einmahl: ich glaube festiglich, daß diß böße thier diß stück gesponnen hatt. Ich wollte, daß sie der König Wilhelm zu Dinant aufffischen könte undt ihr ihren verdinten lohn geben, so were er undt ich gerochen. Der König Wilhelm muß woll tapffer sein, dieße sachen zu meprisiren undt sich nicht zu fürchten, das ist recht Königlich undt es ist gewiß, der herr hatt große meritten, das kan man ihm nicht benehmen. … Lestoille[8] du roy Jacque sicht man woll, daß es sich nicht beßeren wirdt. Der arme mann dawert mich; ich wolte, daß er eine gutte resolution faste, nach Rom zu ziehen, dortten so viel jessuwitter undt mönche zu sehen, alß es immer möglich ist, daß man ihm eine gutte pension geben undt daß er in frieden sein leben zubringen mogte, dem König Wilhelm die Königreiche laßen, der sie beßer regiren wirdt, alß er, undt daß selbiger printz dießes Königs kinder zu sich nehmen undt adoptiren mögte, weill er doch keine kinder nicht hatt, frieden mitt unßerm König machte undt hernach den general frieden zuwege brächte; so wünsche ich es …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 19. Juni 1692 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 154–155
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0137.html
Änderungsstand:
Tintenfass