Seitenbanner

Brief vom 18. September 1692

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


146.


[163]
St. Clou den 18. Sept. 1692.
Ich komme eben jetzt von Maubisson, alwo ich ma tante Louisse[1] gottlob in gutter gesundtheit gelaßen, aber eine sach, so unß sehr verwundert [164] hatt, ist, daß wir dort ein ertbeben gefühlt haben. Ich sprach eben mitt I. L. der fraw abtißin, da hörten wir alle thuren klappen; wir meinten, man hammerte hart unter unß, in demselben augenblick fühlte ich die cammer unter mir gantz erschüttern; ma tante wolte sehen, was es were, ich sagte aber gleich, daß es ein ertbeben sein müste. Sie lachte über mich; in dem augenblick kamen die nonen gantz erschrocken undt sagten, sie hetten die reine blanche in der kirchen wacklen sehen. Zu Paris sollen heüßer drüber eingefahlen sein. Ich muß E. L. doch einen poßirlichen todt verzehlen von einer frawen, so vorgestern gestorben ist. Sie war ins kintbett undt entretenirte ihre wartterin; sie verzehlte, wie sie etwaß wolfeils gekaufft hette, so die ander gern gehabt hette, dieße antwort drauff: le diable vous emporte, undt geht drauff auß der kammer undt lest ungefehr die thur offen. In demselben hauß logirte ein jung mensch, so die cur von geißenmilch brauchte; die geiß kompt los; undt leüfft in der frawen kammer; zu den füßen war der furhang vom bett nicht zu; die geiß mitt ihren hornern macht ihn weitter auff undt kuckt ins bett. Die kintbetterin bildt sich ein, es seye der teüffel, den die wartterin beschworen hatt, erschrickt drüber so erschrecklich, daß sie in 3 stunden drüber gestorben ist. Diß ist eine schöne histori vor die curiossen, so unßere brieffe auffmachen; da werden sie gar gelehrt von werden.
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 18. September 1692 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 163–164
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0146.html
Änderungsstand:
Tintenfass