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Brief vom 30. Oktober 1692

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


150.


[166]
Paris den 30. October 1692.
Vergangenen Montag hatt mir Jeme E. L. gnädiges schreiben vom 19. Oct. überlieffert, sehe darauß, daß E. L. von einem jagthauß zum andern reisen, wünsche, daß E. L. sich so woll alß die so jagen divertiren mögen. Ma tante von Maubisson befindt sich Gott sey danck sehr woll von ihrem fall. Wie ich sehe auß waß E. L. mir von ma tante von Maubisson sagen, so hatt sie ebenso wenig nach dem putzen gefragt, wie sie noch weltlich war, alß ich thue. Ich wünsche nicht weniger alß E. L., daß sie ihr nonenkleidt noch lange tragen möge undt will ich sie lieber hir abtißin noch lange jahre sehen, alß sie baldt eine heylige zu wißen. Die reflectionen, daß so wenig von unßerm hauß überblieben, obgleich der König undt die Königin in Böhmen[1] so viel kinder gehabt haben, so zu männlichem alter kommen, mache ich auch offt so woll alß E. L., undt darauß sicht man den destin woll perfect. Drumb steht es auch nicht allerdings bey unß, die sachen dießer welt zu nehmen wie sie kommen, denn wenn mein zeit kompt, daß ich soll betrübt sein, wirdt die betrübtnuß auch nicht fehlen, was resolution man auch nehmen mag; mitt einem wort: ich glaube, daß wir arme menschen wenig vermögen von unß selber…
Ich muß gestehen, daß mir das jagen zu Fontainebleau über die maßen woll bekommen; die hießige lufft undt leben stehet mir nicht so woll zu, denn ich habe, seyder wir hir zu Paris sein, schon einen braffen husten ertapt, welcher mir woll alles fett wirdt schmeltzen, so mir die gutte lufft [167] undt das jagen von Fontainebleau gegeben hatte. Ich habe E. L. schon gesagt, waß mir von dem Churfürstenthum deücht undt waß ich glaube, daß E. L. davon entpfinden können. Wie meine überschrifften auff teütsch undt sans consequence sein, so glaube ich, daß man nicht darnach sehen wirdt, wie ich sie machen werde; also, so baldt das Churfürstenthum wirdt außgemacht sein, werde ich E. L. wie ahn mein bruders gemahlin schreiben ohne mich zu informiren, waß unßer König thut. … Daß die Teütschen jetzt ja so das hertz verliehren, da sicht man auch noch woll, was ich schon zuvor gesagt, daß alles destin ist, denn wenn unßers Königs geburt nicht brächte, daß er überwinden solte, könte es nicht möglich sein, daß so eine brave nation, alß unßere Teütschen jederzeit geweßen, so das hertz alle verliehren solten undt fliehen; das macht auch, daß die generals sich nicht mitt einander verstehen können, denn unßers Königs glücklicher stern macht alles zu I. M. besten außlauffen. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 30. Oktober 1692 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 166–167
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0150.html
Änderungsstand:
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