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Brief vom 18. Januar 1693

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


158.


[175]
Versaille den 18. Januari 1693.
… Ich bin fro, daß unßere knallende conversation[1] E. L. hatt lachen machen. Mein sohn hatt so viel winde, daß er deren auff allerhandt thon hatt, derowegen auch nun auff der flötten spilt; ich glaube, daß, wenn er die flötte so woll ahn den hintern halten solte alß ahn das maul, würde es eben so musicalisch herauß kommen. Wolte Gott, mein hertzlieb ma tante hette bey dießer schönen musiq sein können, ich wolte E. L. ihre, wenn ich nur die gnade hette, E. L. zu sehen, gerne mitt der naßen auffgefischt haben, solten es auch nur schleicher geweßen sein, welche doch ordinari nicht ahm besten vor die naße sein … E. L. signature ist schön, wie kompts aber, daß E. L. Churfürstin unterschreiben? Mein fraw mutter schrieb nur ihren nahmen. Ich hab kein urlaub[2] gefordert, umb Churfürstin auff meinen brieff zu setzen, sondern es gleich dahin gesetzt undt nur gesagt, meine überschriefften weren keine rechte überschriefften, sondern nur adressen, also hatt man sich nicht weitter drüber informirt. … Ich bin woll E. L. meinung, daß keine größere freüde in der welt ist, alß seine freünde zu dinnen, undt daß das mehr vergnügen gibt, alß alle große tittel von der welt. Ich bin nicht so ignorent, daß ich nicht wißen solte, welch ein unterschiedt von macht undt reichthum ist zwischen einem Churfürsten von Brandenburg undt Monsieur hir; aber umb Monsieur nicht gedencken zu machen, daß er seines brudern esclafe ist, bildt man ihm grandeurs ein, wobey nichts solle zu vergleichen sein; welche doch ohne einigen grundt ist. Das macht mich offt lachen, aber wie Molliere[3] sagt: j’en ris autant que je puis, denn ich befinde mich nicht beßer dabey undt meine kinder noch weniger, aber weillen davon zu reden zu nichts nicht dint, will ich lieber von waß anderß sprechen. … Ich bin recht fro, daß die gutte fraw von Harling dem todt wider entwischt ist. Der kleine Churprintz von Brandenburg[4] muß ein gutt naturel haben, wider mitt der fraw hoffmeisterin nach Hanover gewünscht zu haben; wenn man einmahl zu Hannover erzogen ist worden, wünscht man sich alß wider [176] hin. Ich glaube nicht, daß die frantzösche manir, kinder zu erziehen, so woll in Teütschlandt reussiren kan, alß die fraw von Harling ihre manir. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 18. Januar 1693 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 175–176
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0158.html
Änderungsstand:
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