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Brief vom 5. März 1693

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


162.


[178]
Paris den 5. Mertz 1693.
… Der krieg, so die wolffenbüttelsche herren[1] ahnfangen wollen, kompt mir eben vor alß wenn man in die höhe speit undt daß es einem wider auff die naß felt, denn ich glaube, daß es ihnen selbsten ahm üblesten bekommen wirdt, ob es zwar oncle incomodiren könte. Ich, die mein leben kein ambition gehabt habe undt nie nichts mehrers alß ruhe begehrt, kan nicht begreiffen, wie man sich nicht bey seinem standt behalten kan, wenn selbiger gutt ist. Das erweist woll, daß niemandes in dießer welt glücklich sein kan undt wenn man es ist, hatt man keine ruhe, biß es auffhört. Noch ein sach, die ich nicht begreiffen kan, ist, daß man sich bekümmert, was man von uns in die historien setzen mag. Hette ich ein leben, wie ich es wünschte, wolte ich mich wenig bekümmern, was man von mir schreiben mögte, denn [179] bey unßer lebenzeitten ist es woll gewiß, daß man unß flatirt, undt nach dem todt kan man doch nichts endern, wenn man was böß will sagen; zudem so kan alßdan einem weder was man übels sagt, schaden, noch das gutte nutzen, finde also, daß es eine große eytelkeit ist, sich drumb zu plagen. Ich bin fro, daß ich mich in E. L. meinung finde wegen das verhencknuß. Ich kan nicht begreiffen, wie man hiran zweifflen kan, wenn man etlich jahr gelebt hatt undt die welt kenen lernt. Hette I. G. unßer papa seelig die leütte hir gekent, wie ich, hette er woll nicht zweifflen können, daß, wenn sie herr undt meister von der Pfaltz sein würden, sie damitt umbgehen würden, wie sie es gethan haben, denn unbarmhertzigere leütte seindt woll nicht in der welt. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 5. März 1693 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 178–179
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0162.html
Änderungsstand:
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