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Brief vom 9. April 1693

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


167.


[183]
Marly den 9. Aprill 1693.
… Unsere gutte große madmoiselle[1] hatt endtlich ihre qual vergangenen Sontag umb 6 abendts geendet, undt vergangen Montag hatt der erste president ihr testament geöffnet. Monsieur ist legataire universel undt mons. le dauphin gibt sie ihr schön hauß zu Choisi; viel spital stifft sie undt recompensirt alle ihre domestiquen. Gestern haben wir I. L. die letzte ceremonie geben, so unß gehört, nehmblich in langen mantellen undt mante, das weywaßer zu sprützen. Ich habe mein weinen nicht halten können, wie ich dieße gutte princes in der todtenbaar gesehen, welche mir vor 8 tagen noch so viel amitiés undt confience erwießen. Sie ist von anderst nichts gestorben, alß der docktoren ignorentz, denn sie haben ihre kranckheit nicht gekent undt sie so mitt dem esmetique erhitzt, daß die inflamation in den darmen kommen undt sie so arg gerafft hatt; aber ich dencke, daß, wenn einmahl die stunde kommen, daß man sterben soll, so verblendt sich alles, umb einen dahin zu führen. … Ich glaube, daß das predigen gutt war, da die leütte noch ingnorant im christenthum waren, nun man aber alles weiß was man wißen soll davon, kompt mir das predigen sehr ohnnöhtig vor undt schlaffe lieber alß daß ich zuhöre. Ich wolte, daß ich mittel hette, guts zu thun, so wolte ich es nicht unterlaßen. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 9. April 1693 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 183
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0167.html
Änderungsstand:
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