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Brief vom 10. Oktober 1693

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


171.


[185]
Fontainebleau den 10. Octobre 1693.
… Weillen die hertzogin von Hannover[1] begehrt, daß ich ihr ein schreiben ahn E. L. mittgeben solle, undt I. L. übermorgen Dero reiße ahntreten werden, muß ich jetzt meine schuldigkeit mitt schreiben bey E. L. ablegen. Mein Gott, mein hertzlieb ma tante, wie hertzlich gerne wolte ich [186] mitt dießer hertzogin zu E. L. Die hertzogin wirdt E. L. sagen können, welch ein bößer undt falscher teüffel die alte zot[2] ist undt wie es meine schuld nicht ist, daß sie mich so erschrecklich hast, indem ich allen möglichsten fleiß ahngewendt, woll bey ihr dran zu seyn. Sie macht den König cruel, ob I. M. es schon von sich selber nicht sein, undt der König, der vor dießem gantz trawerig schien, wenn seine troupen desordre thaten, gesteht nun offendtlich, daß er das sengen undt brenen selber befiehlt, undt sie macht ihn hart undt tiranisch, daß er vor nichts mehr mittleyden hatt. E. L. könen nicht glauben noch ersinen, wie boßhafft diß alte weib ist, undt das alles unter dem schein der gottesfurcht undt demuht. Was den König ahnlangt, der hast mich zwar von sich selber nicht, aber sobaldt die quinten[3] nur seinem alten weib ahnkommen, lest er mir allerhandt böße tractamenten undt harte reden widerfahren. Was Monsieur ahnbelangt, so mag ich auch mein bestes thun, ihn zu persuadiren, daß ich ihn nicht in seinem divertissement undt mänerlieb troubliren will, er glaubt immer, ich wolle wehren, daß er all sein gutt nicht ahn seine galans gibt, undt wenn er willens ist, ein groß present von 100 000 francken oder 20 000 thaller zu thun, macht er mir selber hundert händel bey dem König ahn undt erweist mir großen haß, mich veracht zu machen undt dadurch die mittel zu benehmen, ihm zu wehren; hatt er aber solches nicht im kopff, geht es all ruhig her, aber dieße occasion kommen des jahrs mehr als drey oder 4 mahl heran. Meines sohns gemahlin[4] ist ein unahngenehm undt boßhafftig ding, fragt gar nichts nach meinem sohn undt veracht Monsieur, alß wenn sie waß rechts were; mir thut sie nichts, allein sie lebt mitt einer greülichen indifferentz; ihr leben will sie nicht vor mir reden, ist offt 14 tag ohne zu mir zu kommen. Ich laße sie auch gehen undt thue nicht, alß wenn ich es merck, aber ihr hoffahrt undt bößer humor ist unleydtlich undt ihr figur perfect unahngenehm, sie gleicht met verlöff met verlöff einem ärschen wie 2 tropffen waßer undt ist gantz schäff, [hatt] eine abscheüliche außsprache, alß wenn sie immer das maul voll brey hette, undt der kopff zittert ihr allzeit: das ist das schöne present, das unß die alte zott geben hatt, womitt, wie E. L. woll dencken können, ein ahngenehm leben zu führen ist, aber die geburt ersetzt alles was sonst ahn qualiteten ermangelt; sie plagt ihren mann braff undt es gerewet dem armen buben greülich, die naredey gethan zu haben undt daß er mich nicht geglaubt hatt. Mitt meiner tochter will sie es auch de hanteur ahnfangen undt hette gerne, daß sie sie auffwarttete alß wie eine domestique, aber meine tochter lest ihr nichts drein gehen undt lacht sie nur auß, welches offt protzereyen gibt. Das ist alles was ich E. L. ahm particulirsten von hir sagen kan. … [187]
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 10. Oktober 1693 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 185–187
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0171.html
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