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Brief vom 21. November 1694

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


185.


[197]
Versaille den 21. November 1694.
… Ich glaube nicht, daß jemandes dran denckt, die bewuste person[1] herzubringen undt sie religion zu endern machen. Blanchefort[2] gestehet selber, daß gar nichts übels ist vorgangen, wie er bey diß mensch[3] zu Venidig war, außer daß sie ihn nachts undt in secret durch die hinterthur kommen ließ. E. L. haben gar recht errahten waß sie von der gräffin von Platten[4] gesagt hatt, denn sie sagte blat herauß, man solte in ihrer cammer sagte reden, denn oncle[5] schlieffe in der nebencammer bey der gräffin. Es muß ein falsch thier seyn, weill sie so von denens spricht, welche sie ahm meisten caressirt hatt. Es seindt aber etliche leütte, die sich dermaßen ahn medissances gewohnen, daß sie auch ohne einigen haß alles übel von den leütten sagen, so ihnen doch in der that lieb sein. Es seindt hir dergleichen auch. Es ist kein aparentz, daß die gräffin Platten sich ahn einen so jungen menschen, alß Königsmarck[6] war, solte gemacht haben; ich glaube vielmehr, wie E. L. sagen, daß sie ihn flatirt hatte in hoffnung, daß er ihre dochter heürahten mögte, denn er war ein gutt parthey. Es kan aber woll sein, [198] daß Königsmarck auß vanitet der geweßenen Churprintzes hatt weiß wollen machen, daß alle weibsleütte von ihm verliebt seyen, damitt sie ihn desto ahngenehmer finden möge, denn alle junge kerls seindt ordinaire voller vanitet, undt wie sich dieße princes hernach hatt verrahten gesehen, hatt sie sich eingebildt, die gräffin were schuldt dran. Die gräffin jammert mich, die sach so zu hertzen genohmen zu haben, daß sie kranck drüber geworden ist. So sachen, wenn sie nicht wahr sein, muß man nur verachten undt drüber lachen, so wirdt man nicht kranck davon; aber es ist doch schmertzlich, sich von jemandes so tracktirt zu sehen, so man gemeint einen lieb hatt, kan also der gräffin eben nicht verdencken, daß sie sich erzürnt hatt …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 21. November 1694 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 197–198
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0185.html
Änderungsstand:
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