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Brief vom 28. November 1694

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


186.


[198]
Versaille den 28. November 1694.
… Wenn ich betrachte, daß I. L. die Churfürstin von Brandenburg[1] hinreißt, wo es ihnen beliebt, heüßer bawet, musicanten hatt, mitt einem wort: thut waß ihr gefelt, finde ich, daß sie woll taußendt undt taußendtmahl glücklicher ist, Churfürstin in Brandenburg zu sein, alß wenn sie hir dauphine geweßen were, denn da hette sie allzeit thun müßen was andere wollen, nie ohne den König reißen, wenig gelt haben undt nimmermehr ihre verwanten sehen … Argent court ist eine kranckheit, welche hertzog Max[2] nicht allein hatt; ich kene deren mehr undt es geht mir eben wie I. L. Ehe ich aber ferner auff E. L. gnädiges schreiben antworte, muß ich E. L. sagen, waß mich der König ahn taffel gefragt, nehmblich ob es wahr were, waß er in etlichen brieffen geleßen, nehmblich daß die Churprintzeßin[3] sich gejustificirt hette undt begehrt, sich wider mitt ihrem herrn zu vergleichen auff 3 conditionen: die erste were, daß man ihr eine offendtliche declaration geben solte, wie daß sie unschuldig were ahngeklagt worden, die zweyte, daß man die gräffin Platten alß ihre anklägerin weg jagen solte, undt die dritte, daß man graff Königsmarck auff freyen fuß stellen solte undt loß laßen. Ich habe darauff geantwort, daß ich solches nicht glauben könte, indem ich heütte brieff von E. L. vom 19. bekommen, undt daß, wenn so etwaß publiques vorgangen were alß die justification von der Churprintzes, zweyfflte ich nicht, daß E. L. mir solches würden bericht haben; daß ich woll wüste, daß sie selber begehrt hette, von ihrem herren geschieden zu sein, glaubte also nicht, daß sie sich wider verglichen hetten, undt waß die gräffin Platten ahnlangt, so glaubte ich durch waß ich von dießer geweßenen Churprintzes gehört undt wie ich dieße gräffin kente, daß dieße erste mehr boßhafft ist, alß die letzte, welche ich ein gutt mensch gekent. Waß mich noch gegen dieße geweßene Churprintzes piquirt undt macht, daß ich ihr ihr unglück woll [199] gönne, ist waß mir Lassé[4] letzmahl im apartement von sie verzehlt, nehmblich daß sie E. L. haste undt nie mitt dem respect von E. L. gesprochen, wie sie schuldig ist. Das muß ja ein gar verflucht thier sein, welches alles unglück meritirt; das hatt mich so ereyffert, daß Lassé hatt drüber lachen müßen. Ich kan nicht begreiffen, wie oncle sie nicht hatt gleich nach der itallischen reiße einsperren laßen, denn sie hatt es ja damahlen schon genung verdint, so ein doll leben geführt zu haben … Waß mir E. L. von der Churprintzes gefengnuß schreiben, hab ich dem König nicht sagen wollen, sondern nur geantwort, wie ich E. L. schon gesagt. … Seyderdem der König devot ist, haben ihm die, so sein gewißen undt gemühte gouverniren, ein solchen abscheü vor alle andere religionen gegeben, daß er sie alle verdampt meint. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 28. November 1694 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 198–199
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0186.html
Änderungsstand:
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