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Brief vom 7. Juli 1695

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


211.


[219]
St. Clou den 7. Julli 1695.
… Ich glaube, daß Monsieur devot ist, umb Henry 3. in allem zu gleichen. Wenn diß des himmels weg ist, komme ich gewiß nicht hinein. Wenn ich keine grand messe hören muß, bin ich baldt mitt unßer andacht fertig, denn ich habe ein chapelain, so in einer viertel stundt die meß expedirt, das ist meine rechte sach. E. L. sagen nicht, was man den jesuwitter beschuldigt, den man von Zell weggejagt hatt. Wie übereilt man sich aber so sehr ahn dem hoff, daß man erst, nachdem die leütte weggejagt sein, examinirt, ob sie es verdint haben oder nicht. In devotion, sehe ich hir, folgt jedes seinem humor: die gerne blaudern, wollen viell betten; die liberal sein, wollen immer almosen geben; die leicht böß undt colere sein, eyffern immer undt wollen alles tödten; die hergegen lustig sein, meinen, sie thuen Gott einen dienst dran, sich über alles zu erfrewen undt sich über nichts zu [220] erzürnen; summa: wer sich in die devotion begibt, setzt sich auff den probirstein, seinen humor recht zu weißen; die ich die schlimbsten von allen findt, sindt die, so die ambition im kopff haben undt alles durch den schein der devotion regiren wollen undt vorgeben, sie thun Gott einen großen dinst, alles unter ihrer gewalt zu bringen; die ahm allererträglichsten sein, seindt die, so sehr verliebt geweßen sein, denn die, wenn sie einmahl Gott vor objet nehmen, dencken sie ahn nichts andern alß ahn unßern Herrgott tendrement zu reden undt laßen alle andern menschen in ruhen. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 7. Juli 1695 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 219–220
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0211.html
Änderungsstand:
Tintenfass