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Brief vom 27. September 1695

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


216.


[224]
Fontainebleau den 27. Sept. 1695.
… Es ist wahr, daß man den armen duc de Villeroy unrecht thut; mein sohn hatt mirs auch gesagt, aber wenn sich die Frantzosen einmahl ein haß gegen jemandes in kopff stecken, gilt weder rime noch raison[1] bey ihnen; alles muß gesungen sein, was ihnen im kopff kompt. Man pretendirt daß alle die, so in Namur geweßen, sich gar woll sollen gehalten haben, darumb gibt man ihnen recompens; hetten sie zu eßen gehabt, würden sie den ort lenger gehalten haben. Mein sohn hatt endtlich gottlob sein fieber quittirt ohne nichts in der welt zu brauchen, thut morgendts undt abendts nichts alß im mail spillen[2] … Die vergleichung, so E. L. mitt dem duc d’Albe undt mons. de Louvoy machen, ist gar just. Ich habe immer woll gesagt undt gedacht, daß dergleichen graußamkeiten nicht woll außschlagen würden, aber so lang man noch von Louvoys creaturen wirdt im raht haben, werden dergleichen sachen vorgehen. Ich habe nie geglaubt, daß der König ahn die monarchie universelle gedacht hatt. Ich war nicht bey hoff, wie die zeittung von des marechals de Boufflers arest ahnkame, allein die sich dort funden haben mir verzehlt, daß gleich im ahnfang der König so böß wurde, daß er drüber bleich wurde undt zitterte, hernach aber undt andern tags soll er gesagt haben: Der printz von Oranien hatt recht, hette man meinen befehl exactement gefolgt, were diß nicht geschehen undt die völcker von Dixmude[3] weren gleich überlieffert worden. Bouffler ist nun wider hir, kam vorgestern zu mir; er ist gantz trawerig undt kan sich nicht trösten, gezwungen worden zu sein, Namur zu übergeben. … Es ist gewiß, daß es keine leichte sach ist, general hir zu sein, undt citiren E. L. Teüerborns (?) historie woll just hirauff. Mein sohn hatt mir verzehlt, wie es mitt mr. de Vaudemont[4] sach abgangen, sein hinkender schwager[5] hatt alles verseümbt. Mons. de Bouffler wirdt nicht mehr geschont, alß der marechal de Villeroy, wie E. L. auß den beyliegenden lieder sehen werden. Es wundert mich, daß Bouffler es so haut et bas geantwort hatt, denn er ist sonst gar ein ehrlicher mann undt der gutt courage hatt. … Ich bin fro, daß Carl Moritz nicht buckelicht, sondern nur klein ist. Mons. le duc[6] ist es gar starck undt 3 von seinen schwestern scheiff, die zweyte von seinen schwestern (denn es seindt ihrer 4) ist zwar nicht buckelicht, aber ein recht woll geschaffenes zwergelchen, recht wie ein pupchen; mad. la duchesse[7] sagt alß man solte [225] sie auff ein cabinet oder camin setzen zwischen porcelainen. Das arme menschen hette gerne einen mann, man sagt aber, daß [der] den sie gerne hette, sie nicht will. Ich wolte, daß sie ihn schon weg hette. Ich fürchte nicht allein, daß die religion verhindern würde, daß sich mein spielcammeradt nicht heürahten soll[8], sondern auch, daß er selbst kein lust zum heürahten hatt. E. L. undt oncle, die so eine gutte handt haben, catholische zu machen in heürahten, könten sie denn umb dieselbe ursach keine reformirt oder lutherisch machen? Wenn I. L. der Churfürst von Brandenburg der mad. de Salmour[9] waß geben wolte, könte er zwey conditionen dabey setzen, welche ihm die pension baldt wider zurück bringen könte, nehmblich daß die pension dawren solte so lang sie sich erbar in einem closter halten würde undt sich nicht wider verheürahten, denn wie ich von dießer dame gehört, hatt sie kein closterfleisch. Mich verlangt, daß der heüraht mitt der printzes von Braunsweig[10] einmahl möge geschloßen sein, denn der marschal de Gramont pflegte alß zu sagen, daß wenn man sich nicht mitt heürahten eyllt, schlich sich der teüffel darzwischen undt breche den heüraht …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 27. September 1695 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 224–225
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0216.html
Änderungsstand:
Tintenfass