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Brief vom 6. November 1695

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


221.


[228]
Paris den 6. November 1695.
… Ich weiß nicht, ob des pr. von Oraniens raht so gutt geweßen, daß man die Zellische dame[1] vor hertzogin erklärt hatt, denn nach der zeit ist wenig ehre davon kommen undt ein gar unglücklicher heüraht durch ihre dochter, welcher nicht hette können gemacht werden, wenn man sie mad. de Harburg gelaßen hette undt nicht zu einer princessin gemacht, undt hatt eher zu des haußes schandt alß besten gedint; also des printzen von Oranien raht in dießem stück nach meinem sin nicht zum besten geweßen. Mich deücht, man kan nicht content in dießer welt sein, wenn man nicht mitt sich selber zufrieden ist; alles waß andere thun geht mich nicht ahn, undt wenn man einen sichern heüraht declariren solte undt mich woll tractirt, umb nichts dagegen zu sagen oder nicht offendtlich drüber zu lachen, wirdt man content von mir sein. Solten aber alle jetzige caressen sein, umb meine dochter zu liffern undt dem stincknäßgen[2] zu geben, das werde ich mein leben nicht thun undt werde nie mir vorzuwerffen haben, daß ich, umb ein wenig ruhiger zu leben, mein kindt unglücklich gemacht hette …
So devot die Königin in Engellandt auch sein mag, so hette sie doch gerne ihr Königreich wider. Ihr herr[3] kans beßer entberren; dießer König will nicht gestehen, daß er sein Königreich verlohren, weillen er solches zu seinem glauben hatt bekehren wollen, denn ich habe ihn offt sagen hören, daß seine meinung seye, daß man woll thut, ein jeden auff seinem glauben zu laßen, fürchte also, daß er den trost nicht hatt, so E. L. ihm geben, aber woll den andern, so E. L. auch sagen, nehmblich daß er ein himmlisch Konigreich erwartt. Der printz de Galle ist gar artlich: ich glaube, er wirdt mitt der zeit viel verstandt haben, denn er hatt große vivacitet. Wenn wahr ist, waß man von ihm verzehlt, wirdt er woll nicht bigot werden. Englische nonen hatten ihm eine capelle geschickt, welche gar artig gemacht war; sein precepter, umb ihm lust zu beten zu machen, meinte, daß er es eher in dießer pupencapell thun würde, welche groß genung were, daß der printz ’nein gehen konte. Der printz de Gale aber, ahnstatt zu betten, nahm ein stock undt schlug die capell entzwey; man wolte ihn zürnen, so sagt er: warumb soll ich nicht haßen, waß mich mein Königreich hatt verliehren machen? Dieße worte erschreckte so sehr die, so dabey stunden, daß man ihm kein wort mehr sagte …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 6. November 1695 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 228
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0221.html
Änderungsstand:
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