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Brief vom 27. November 1695

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


223.


[229]
Versaille den 27. November 1695.
… Ich weiß nicht, was den Teütschen so woll ahn Paris gefelt, denn ich sehe wenig ahnkommen, welche nicht eine abscheüliche kranckheit dort außstehen; allein vielleicht, wenn mirs erlaubt were undt sich thun ließe, überall herumb zu lauffen undt alles zu thun was mir nur im kopff kompt; auch nur die leütte zu sehen, so mir gefahlen mögen, würde ich Paris vielleicht auch hübsch undt lustig finden, allein in einem stätigen zwang zu leben undt sich dabey nicht woll befinden, macht keine lust zu einem ort. Hir bin ich hundertmahl mehr in ruhen; die jagt continuire ich starck hir; seyder 9 tagen, daß wir hir sein, habe schon 4 mahl gejagt: 2 den hirsch undt 2 wolffe. Ich glaube, daß, wer es thun kan, das exercitium zu fuß woll so gesundt ist alß das reitten; allein ich bin zu schwer geworden, kan derowegen nicht woll mehr gehen, werde mich, so lang ichs werde thun können, bey dem reitten halten. Ich befinde mich ohne vergleichen beßer, seyder ich hir hin, alß zu Paris. E. L. haben woll groß recht, zu sagen, daß es leichter ist, woll zu reden, alß woll zu thun; Seneque hatt vielleicht die christen gesprochen undt also ihre morale gelernt. … Ich bilde mir ein, daß der Engellander, welcher behaubten will, daß den Christen erlaubt seye, sich selber umbzubringen, weder zu fuß noch zu pferdt exercitzien thut undt sein miltz gantz die überhandt genohmen undt ihn muß hipocondre gemacht haben. Dießer lehr kan von keiner andern nation alß Engelländern gefolget werden. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 27. November 1695 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 229
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0223.html
Änderungsstand:
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