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Brief vom 15. Januar 1696

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


228.


[232]
Paris den 15. Januari 1696.
… Wenn E. L. cathollisch wehren undt in die kirch gehen müsten, würden sie es noch langweilliger finden, denn es ist nicht allein gantz keine verenderung drinen, sondern man hört auch immer nichts alß voyellen singen, alß a a a a, e e e e, o o o o, i i i i, welches einen auß der haudt vor purer ungedult fahren macht. Nach der meß de minuit freßen ist bey allen catholischen der brauch, ich aber, wenn ich in den 3 meßen de minuit geweßen, bin ich des knien so müht, daß ich lieber schlaffen gehe alß eße, denn [233] es wehrt hir von 10 uhr an biß umb 1 nach mitternacht. Hir meinen die damen, daß sie ohne vollsauffen nicht lustig sein können; ich bin aber gar nicht ihrer meinung. Princes Amelie fühlt woll waß sie gebohren ist, also kein wunder, daß sie sich nicht wie das bastertzeüg in die debauschen einlest, denn wie das teütsche sprichwort gar recht sagt: art lest nicht von art … Wenn die ittaliensche comedianten gutt sein, finde ich sie all possirlich. E. L. sehen nun, daß die commedie von Judit[1] eben ist wie ich sie E. L. beschrieben, undt wenn sich E. L. noch gnädigst erinern, so jammerte mich Hollefernuß[2] auch gar sehr undt estimirte die Judit gar nicht sonderlich. Dieße commedie hatt hir zu Paris sehr reussiert, aber bey hoff gar nicht, undt wie die Pariser gesehen, daß sie hey hoff nicht gefahlen, haben sie sie auch nicht mehr sehen wollen. Ich habe von hertzen lachen müßen, daß E. L. sagen, daß, wenn unßerm Herrgott die Judit nicht beßer gefelt alß E. L., daß sie gewiß in die helle sitzt. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 15. Januar 1696 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 232–233
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0228.html
Änderungsstand:
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