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Paris den 15. Januari 1696.
… Wenn E. L. cathollisch wehren undt in die kirch gehen müsten,
würden sie es noch langweilliger finden, denn es ist nicht allein gantz keine
verenderung drinen, sondern man hört auch immer nichts alß voyellen singen,
alß a a a a, e e e e, o o o o, i i i i, welches einen auß der haudt vor
purer ungedult fahren macht. Nach der meß de minuit freßen ist bey allen
catholischen der brauch, ich aber, wenn ich in den 3 meßen de minuit
geweßen, bin ich des knien so müht, daß ich lieber schlaffen gehe alß eße, denn
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es wehrt hir von 10 uhr an biß umb 1 nach mitternacht. Hir meinen die
damen, daß sie ohne vollsauffen nicht lustig sein können; ich bin aber gar
nicht ihrer meinung. Princes Amelie fühlt woll waß sie gebohren ist, also
kein wunder, daß sie sich nicht wie das bastertzeüg in die debauschen einlest,
denn wie das teütsche sprichwort gar recht sagt: art lest nicht von art …
Wenn die ittaliensche comedianten gutt sein, finde ich sie all possirlich.
E. L. sehen nun, daß die commedie von Judit
[1] eben ist wie ich sie E. L.
beschrieben, undt wenn sich E. L. noch gnädigst erinern, so jammerte mich
Hollefernuß
[2] auch gar sehr undt estimirte die Judit gar nicht sonderlich.
Dieße commedie hatt hir zu Paris sehr reussiert, aber bey hoff gar nicht,
undt wie die Pariser gesehen, daß sie hey hoff nicht gefahlen, haben sie sie
auch nicht mehr sehen wollen. Ich habe von hertzen lachen müßen, daß E.
L. sagen, daß, wenn unßerm Herrgott die Judit nicht beßer gefelt alß E. L.,
daß sie gewiß in die helle sitzt. …