Seitenbanner

Brief vom 23. Mai 1696

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


241.


[245]
St. Clou den 23. May 1696.
… Die alte zot weiß gar woll, wie sie ihren mann regieren soll undt meister von ihm bleiben; sie ist so lange jahre mitt ihm umbgangen, daß sie ihn perfect hatt kennen lernen, undt wie sie gesehen, daß ihn nichts alß die forcht halten kan, hatt sie ihm braff bang gemacht[1]. Waß ist diß vor eine grill, so dem König in Schweden[2] ahnkompt, keine reformirten mehr leyden zu wollen? Er solte exempel nehmen, wie übel dießes andern geglückt hatt; der hoff soll erschrecklich langweillig sein. Ich kan nicht leyden, wenn Könige meinen, daß sie mitt beten Gott gefahlen; dazu hatt er sie ja nicht auff den thron gesetzt, sondern nur, gutts zu thun, recht undt gerechtigkeit zu üben, das solte die rechte devotion der Könige sein undt die pfaffen halten, daß die nichts anderes thun solten, alß betten, undt sich weytter in nichts mischen. Wenn ein König morgendts undt abendts bett[3], ist es schon genung, im übrigen soll er dencken, so viel bey ihm steht, seine unterthanen glücklich zu machen. Ich bin woll E. L. meinung, daß alles eytel ist, allein wenn man gutts thut, bleibt doch ein innerlich vergnügen, so das beste ist, so man in dießer welt haben kan; stirbt man aber, so hatt man doch den trost, daß es allen denen, so nach unß kommen, nicht beßer gehen wirdt. …
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 23. Mai 1696 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 245
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0241.html
Änderungsstand:
Tintenfass