Seitenbanner

Brief vom 26. August 1696

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


250.


[252]
Versaille den 26. Augusti 1696.
… Der König liegt noch zu bett, denn I. M. haben das podagra ahn beiden füßen undt das geschwer hinten im nacken. Des Königs krankheit macht den hoff gar langweillig … Ich weiß nun, daß die dame, so sich Caroline nent undt in mannskleydern herkommen, die dame von Alten[1] nicht. Der König sagt, er wiße noch nicht, wer sie seye; sie gibt vor, sie were des Königs Wilhelms metresse geweßen, der hette ihr aber so viel falsche stücke erwießen, daß sie jetzt ahn nichts mehr bedacht seye, alß sich ahn ihm zu rechen, seye derowegen hieher kommen. Sie lest sich in der catholischen religion instruiren, war lutherisch; sie soll über die maß woll singen undt auff der lautten schlagen, auch ein wenig auff dem instrument spiellen, viel verstandt haben undt woll zu leben wißen, so daß man woll sicht, daß sie woll ist erzogen worden. Oncle hatt woll groß recht, nichts von denen damen zu halten, qui ce[2] jettent à la teste des gens; solch comerse ist meistentheils gar gefährlich vor die gesundtheit. Es muß ein frech stück sein, ahn einen fürsten, den sie nicht kent, zu schreiben, mannskleyder [253] zu fordern undt sich in pagenhoßen ahnzubiten. Das erinert mich ahn den armen jungen Königsmarck[3], deßen elter bruder so zu Hannover verlohren worden, der war vor ein jahr 10 hir undt hatte eine englische dame bey sich, so ihm vor page auffwartete; es war gar ein schön mensch undt man konte kein ahngenehmer gesicht sehen. Der arme page wurde schwanger; man hatt ihn also in ein closter gesteckt, alwo sie einer dochter geneßen ist. Das arme mensch hatt eine abscheüliche reüe über ihr vergangen leben gehabt, hernach undt seyderdem aber hatt sie gar from gelebt, denckt ahn nichts alß ihr dochter woll zu erziehen. Viele haben ihr gelt ahngebotten, denn sie soll noch gar schon sein, sie hatt aber alles außgeschlagen, sagt, Königsmarck were der eintzige geweßen, so sie geliebt hette; nun ihr Gott die augen geöffnet, undt sie gesehen, waß unglück solch leben nach sich ziehe, wolle sie kein übels mehr thun, sondern alles nur berewen waß sie gethan hette. Die Caroline soll vorgeben, daß sie in der marck Brandenburg zu hauß ist. Ich kan nicht begreiffen, waß vor eine rache sie gegen König Wilhelm erdencken kan, denn König Wilhelm hatt zu viel verstandt, einem solchen menschen waß vertrawet zu haben, auch ist er nicht im ruff, die damens viel mitt seinen galanterien zu plagen …
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 26. August 1696 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 252–253
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0250.html
Änderungsstand:
Tintenfass