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Brief vom 30. Oktober 1696

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


257.


[259]
Fontainebleau den 30. October 1696.
… Der hertzog von Mantou[1] muß sehr vertrawlich mitt der printzes von Zelle[2] gewest [sein], ihr einen so starcken detail zu vertrawen, weßwegen er keine kinder hatt; er muß gar natürlich sprechen, welches er woll bey seinen courtisanen [sich] mag ahngewont haben. Wie man Tartuffe[3] gemacht hatt, gingen noch alle devoten in die commedien, seyderdem aber sich die weiber in diß handtwerck mischen, sehen die devotten die commedie nicht mehr; es were also ohne profit, sie zu spiellen. Gott verzeye[4] mirs, aber ich sehe so viel falschheit von devotten von jetziger zeit, daß ich schir keiner mehr trawe. Außer die printzes Amelie[5] ist gar keine catholische printzes in Teütschlandt, so den römischen König[6] haben könte, derowegen habe ich gedacht, daß es doch woll geschehen könte, undt man hatt hir gar ernstlich die sache gesagt. Ich fürchte, stincknäßgen[7] hatt unßere dirne[8] im kopff undt will derowegen das zwergelgen[9] nicht; wolte Gott, printzes Amelie hette ihn weg … Gott gebe, daß der doktor von Lubeck[10]) oncle wider zur vollkommenen gesundtheit verhelffen möge. … Ich bitte, E. L. wollen doch mons. Leibenitz[11] meinetwegen dancken; ich finde recht woll geschrieben was er auffgesetzt hatt, undt admirire, wie daß er mitt so großer neteté undt facilitet auff eine so schwere sache schreiben kan. Daß die thier nicht gantz absterben, tröst mich sehr vor meine liebe hündtges. Des Cartes[12] opinion von das uhrwerck ist mir sehr abgeschmackt vorkommen. Ich ambarassirte einmahl einen bischoff, so gantz von des Cartes opinion ist: [260] selbiger bischoff ist von natur jalous, ich sagte zu ihm: quand vous estes jalous, estes vous machine ou homme, car apres vous je ne connois rien de plus jalous que mes chiens, ainsi je vondrois savoir, si e’est un mouvement de la machine ou une passion de l’ame. Er wurde böß undt ging fort ohne antwort. …
P. S. Der hoff ist jetzt so voller leütte, daß man sich in den cammern nicht rühren kan, denn alle, so in den arméen geweßen, seindt jetzt wider hir. Ich habe vergeßen zu berichten, daß eine dame, so man die comtesse de St. Gerant[13] heist, exillirt ist. Man meint, die princessinen alß mad. de Chartre[14] undt ihre schwester mad. la duchesse[15] seyen schuldig dran. Sie solle mitt ihnen gescheggelt undt hernach ahn sie brieffe geschrieben haben, wo die zot nicht woll in ist tractirt worden. Es ist aber dießer alten hoffmeisterin rechter lohn, ihre pupillen vor alles, was legitim ist, gezogen zu haben; sie hette die zwey danckbarer erziehen sollen, alß sie sein. Hette sie mir so viel zu gefallen gethan alß dießen zweyen basterten, würde ich mehr erkandtnuß davor gehabt haben undt sie würde in meinen brieffen nicht gefunden haben, daß ich sie außgelacht hette.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 30. Oktober 1696 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 259–260
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0257.html
Änderungsstand:
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