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Paris den 15. Nov. 1696.
Ich habe Gott den allmächtigen gleich von grundt der seelen gedankt,
daß E. L. so woll auß der abscheülichen gefahr errett sein worden
[1] undt
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gar keinen schaden gottlob bekommen haben. Die haar stehen einem zu berg,
wenn man list, wie es zugangen ist. Gott der allmächtige wolle E. L. ferner
gnädig bewahren! Die astrologen würden hirauff sagen, daß Mars das
unglück ahngericht hatt, aber ein gutter aspect von benefique E. L. salvirt
hatt. Daß E. L. sich nicht erschreckt haben, admirire ich, wundert mich aber
nicht, denn ich weiß woll, daß E. L. nie bang sein, denn ich erinere mich
noch, wie zu Klopenburg E. L. kammer in brandt ginge
[2], da waren sie ja
auch gar nicht erschrocken, undt auch einmahl wie in einer calesch mitt
4 pferden der kutscher kasten unter die pferde fiel undt die pferde mitt E. L.,
oncle undt mich durchgingen, da waren E. L. auch gar nicht erschrocken.
Also ist mir E. L. fermeté gar zu woll bekandt, umb zu glauben, daß nichts
in der welt capabel ist, dießelbe bang zu machen undt Dero raison zu
troubliren, welches aber gar waß rares ist undt insonderheit bey
weibspersonen. … Es ist schon nahe bey zwey jahren, daß mad. de St. Geran
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nicht mehr mehr bey mad. de Maintenon in gnaden ist; sie hatt sich nicht
lenger zwingen können, die devotte zu agiren, undt auff einmahl wider ihr
voriges leben mitt spiellen, eßen undt trincken ahngefangen. Hir zu Paris
sagt man drey unterschiedtliche ursachen ihrer disgrace: etliche sagen, es sey,
weillen sie sich so voll undt doll dießen sommer gesoffen in mad. la duchesse
[4]
ihr maison de campagne, daß sie allerley wüstereyen im wein solle mitt
dießer ahngestellt haben; andere sagen, sie hette brieffe ahn mad. la duchesse
geschriben undt darin gar übel von mad. de Maintenon gesprochen; die
dritten sagen, daß, wie sie einsmahl voll geweßen were, hette sie den comte
de Thoullousse
[5] forciren wollen, undt wie dießer keine inclination vor
damens hatt, hette er sich gar sehr hirüber beschwehrt …