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Brief vom 10. Januar 1697

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


270.


[271]
Marly den Donnerstag 10. Januari 1697.
… Ich habe von hertzen lachen müßen über die historie von der schwedischen pfaltzgräffin, so den graff Güldenstern geheüraht hatt[1]; es wundert mich nicht, daß sie sich übergeben hatt, denn wenn er auch gleich nicht gestuncken hette, so glaube ich, daß man das kotzen nicht laßen kan, eines andern menschen zung in seinem mundt zu finden, das ist etwaß abscheüliches. 57 jahr ist noch kein alter, umb baldt zu sterben, die gutte pfaltzgräffin wirdt noch lang bey dießem graffen leyden können. Die schwester[2], so catholisch worden, hatt vielleicht gefürcht, sie hette keine materi genung zur ersten beicht, hatt derowegen so braff gestollen. Ich weiß nicht, wie es dem bruder[3] zu Rom geht, denn weillen ich der devotten stiel nicht ahnnehmen kan, habe ich gedacht, es were beßer, gar nicht zu antwortten. E. L. war gott lob ein beßer glück beschert, alß des dollen pfaltzgraffs Adolf gemahlin zu werden, allein ich glaube, daß, wenn E. L. Dero kinder fraw mutter geworden were, würden sie das quecksilber fixirt haben undt lautter golt drauß gemacht haben, auch würden E. L. mehr sorg vor dießer kinder aufferzucht gehabt haben undt ihnen nicht so viel böße exempel gegeben haben, denn ich habe gehört, daß ihre fraw mutter ebenso doll war, alß der herr vatter, undt ihre leütte auch schlug. … I. L. der Churfürstin von Brandenburg[4] schönheit undt gutte minen werden von jederman gerümbt. E. L. maußdreck[5] hatte so eine schlimme seyte, daß, wie sie dießer gantz nachgeschlagen ist, konte sie woll keine hautteur weder in minen noch auch in der seelen haben; were sie eine courtisane von Venedig worden, würde sie alzeit in dießem leben glücklich [272] geweßen sein. Man sagt nun gar nichts mehr von dießer princes. Ich glaube aber doch, daß sie ahn das leben, so sie nun führt, noch nicht gewont ist, indem es so gar gegen ihren humor. Wie ich sehe, so thut der Churfürst von Brandenburg nichts alß reißen; vor dießem, deücht mich, reißeten die Churfürsten nicht so viel. Daß mons. Klenck so woll ist ahm chursäxsischen hoff entpfangen worden, erweist, daß dießer Churfürst jetzt woll mitt oncle stehet … Wenn mons. Helmont[6] vernehmen wirdt, waß mitt dem freüllen Königsmarck vorgeht, wirdt er meinen, des jungen Königsmarcks[7], so verlohren ist worden zu Hannover, seel ruhet in dießem neveu[8]; weillen er[9] sich so nach fürstlich bludt[10] hatt alliiren wollen, ist er in seines neveus leib endtlich zum printzen worden. Hir im landt seindt vielle, so vor fürsten passiren undt doch nicht so gutte angen[11] haben alß dießer bastard vom Churfürsten von Saxsen. Es muß in einem lutherischen stifft sein, wo die Königsmarckin abtißin wirdt werden, denn ich glaube, daß man mir gesagt, daß mein keine abtißin bey den catholischen nimbt, wenn man weiß, daß eine met verlöff met verlöff ein hurenkindtgen ahngestelt hatt. In einem solchen closter, wo eine so galante dame abtißin ist, muß es lustig hergehen …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 10. Januar 1697 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 271–272
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0270.html
Änderungsstand:
Tintenfass