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Brief vom 3. Februar 1697

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


276.


[276]
Versaille den 3. Februari 1697.
… Vergangen Mittwog morgendts undt Dinstags spät seindt zwey brüder zu Paris gestorben, so zwilling wahren undt einander glichen wie zwey dropffen waßer. Man hieße sie messieurs de Bocquemar; der eine war president du parlement, der ander war capitaine aux gardes undt gouverneur zu Bergen. Dieße zwey brüder haben einander so hertzlich lieb gehabt, daß sie nicht ohne einander haben bleiben können, schliefen allzeit beysammen undt konten nicht lustig noch zufrieden sein, sie waren denn beysammen, auch so daß man versichert, daß, wie sich der president geheüraht hatt, hette er die erste nacht nicht ohne seinen bruder schlaffen können, hatt ihn mitt ins bett genohmen. Wenn einer kranck wurde, wurde der ander auch kranck. Vergangen jahr, alß der eine in seinem gouvernement zu Bergen, der ander aber zu Paris war, rührt den zu Paris der schlag, in demselben augenblick wurde der zu Bergen ohnmächtig undt war gar lang, biß er wider zu sich selber kame, undt alle die zeit biß sein bruder wider [277] zurecht kame (denn man hatt die stunde observirt); endtlich seindt sie auff einen tag kranck worden von derselben kranckheit undt 6 stundt nach einander gestorben; welches doch eine starcke simpathie ist. Sie waren zwischen 69 undt 70 jahren alt undt haben all ihr leben gantz einig gelebt undt nur einen willen gehabt. Ich habe sie offt gesehen; es waren zwey hessliche kerls, sollen aber gar ehrliche männer gewest sein … Es ist kein wunder, daß princes Amelie[1] höhere minen in Teütschlandt bekommen, denn da hatt sie endtlich gesehen, wer sie ist, welches sie hir nicht rahten konte, da alles bastardzeüg sie de haut en das ahnsahe undt alle adeliche personen ihnen den pas disputirten (ich heiße so die duchessen, denn sie seindt ja nichts mehrers) … Der Churfürst von Saxsen machts wie Gusman in Donbertran[2], sagt: tout mauvais cas sont reniable[3], drumb will er nicht, daß man sagen soll, daß die Königsmarckin ein sohn von ihm bekommen hatt. Wie ich sehe, so ist gräffin Esterle[4] eine thewere metres, weill sie dem Churfürsten schon so viel kost. Er würde sich ruiniren, wenn er mehr alß eine so hette, thut also gar woll, die Königsmarckin nicht davor zu declariren … Ich glaube, daß, wer der hertzogin von Zell[5] genalogie recht nach der warheit auffsetzen solte, würde unßer gutte patte[6] sich mitt viel handtwercksleütten alliirt finden; wenn wir so reich weren, alß wir von guttem hauß sein, würden wir mehr baar gelt haben, alß nun …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 3. Februar 1697 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 276–277
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0276.html
Änderungsstand:
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