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Versaille den 2. May 1697.
E. L. beklage ich woll von hertzen, daß sie kein beßer zeitvertreib haben,
alß meine alte brieffe zu überlesen. So lang papa s[eelig] gelebet, werden
E. L. alle meine brieffe voller contentement von Monsieur sehen, denn ich
wolte nicht, daß I. G. erfahren mögten, wie es recht hir war, wollte es
also in keinen brieff setzen. Wie E. L. aber selber herkommen
[1], habe ich E.
L. nichts verhehlt. Ich habe I. G. dem Churfürsten s[eelig] alles verhehlt,
weillen man mir gesagt, daß, nachdem ich weg gezogen, hetten I. G. sich
dermaßen zu hertzen genohmen, daß ich so wider meinen willen auß purem
gehorsam were herkommen, ob ich gleich persuadirt, daß ich nicht glücklich
hir sein würde, daß es I. G. gantz geängstiget hette undt trawerig gemacht;
drumb habe ich alles verhehlt so lang mir möglich geweßen; zuletzt hatt der
Churfürst doch alles (weiß aber nicht durch wen) erfahren undt mich braff
außgefiltzt, daß ich es nicht geschrieben hette. Alß ich aber die ursach
deßwegen recht gemelt, haben sie meine entschuldigung ahngenohmen. Was den
König ahnbelangt, so bin ich woll oder übel mitt ihm gestanden nach dem
es seine metressen gewolt: zu der Montespan
[2] zeit war ich in ungnaden,
zu Ludre
[3] zeit woll dran, alß die Montespan wider die oberhandt nahm,
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gings wider übel, wie Fontange
[4] kam, woll, undt seyder das jetzige weib
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regirt, allezeit übel. Ich versichere E. L. aber, daß ich die zeit sehr nehme
wie sie kompt; ich kene perfect alle die, womitt ich umbgehe, ich weiß, was
ich mich von ihnen zu versehen habe; meine parthie ist also gantz gefast,
suche nur meine zeit so viel mir möglich ist in ruhe hinzubringen, undt weillen
ich verspürt, daß man hir keine ruhe haben kan, man lebe denn einsam, so
bin ichs auch. Habe ich in meiner einsamkeit keinen großen spaß, so habe
auch keine große mühe noch sorgen, die zeit wirdt mir nicht lang, kan mich
amusiren. Sich chagriniren oder lustig sein, stehet nicht recht bey unß;
wenn mir das miltz leicht ist, bin ich lustig, denn von natur bin ich eben
nicht melancholisch, ist aber mein miltz geblähet, so kommen mir lautter
trawerige gedancken; wenn ich das spüre, so thue ich starck exercitzien, so
vergeht mirs wider. … Wir haben hir einen mann gehabt, so Dalancé hieße,
der hatt microscopes gemacht, in welchen er mir auff ein meßerspitz waßer
undt pfeffer eine gantze see voller sollen (?) hatt sehen machen, undt im eßich
waren lange schlangen. Selbiger Dalancé ist nicht mehr hir im landt; er
ist vielleicht jetzt in Hollandt undt macht eben solche gläßer, so er vielleicht
seyderdem perfectionirt hatt, daß man noch schärpffer mitt sehen kan, alß
die stern undt muscheln. Mich deücht, wir wißen zu viel, undt zu wenig,
umb recht glücklich zu sein, denn man weiß genung, umb mehr wißen zu
wollen, aber nicht genung, umb davon vergnügt sein zu können … Wenn ich
meinem sinn folgen könte, würde ich allezeit mitt butzen keine schulden
machen; es ist ein glück, wenn man jemandes so trew bey sich hatt, so das gelt
außgibt undt verwahrt, wie die gutte fraw von Harling; nach der h.
schriefft samblen E. L. noch ein schatz ins ewige leben, indem sie den armen
geben
[6] …
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