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Brief vom 14. Juli 1697

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


298.


[292]
St. Clou den 14. Julli 1697.
… Ein courier vom abbé de Polignac[1], so ambassadeur in Poln ist, brachte Donnerstag abendts die zeittung, daß unßer printz de Conti zum König dortten erwehlet worden[2], es seindt nur 4 stimmen vor I. L. den [293] Churfürsten von Saxsen überblieben. Man hatt gleich im ahnfang gesagt, daß dießer Churfürst catholisch worden seye. Vorgestern aber, wie der König in Poln zu unß kam, umb unß zu dancken, daß wir ihm gleich zu seinem neüen standt hatten complimentiren laßen, sagte er unß, der Churfürst von Saxsen hette nur versprochen, catholisch zu werden, solches aber noch nicht ins werck gestelt. Er verzehlte auch, wie sehr der noncius vom papst gegen ihn geweßen were. Ich kan nicht begreiffen, wie der Churfürst von Saxsen, so so gar ungern in kirchen geht, sich hatt resolviren können, catholisch zu werden, ohne sicher zu sein, König zu werden, denn da muß er alle Sontag undt festtage die meß hören, sonsten wirdt es ihm übel bekommen, denn die catholische pfaffen leyden keine eüßerliche verachtung ihrer religion. Nun die sach außgemacht ist, werden die Saxsen woll kein gelt mehr geben müßen undt vielleicht wirdt ihr Churfürst nun bey ihrer religion auch bleiben. Ich glaube, daß man wenig siecles gesehen, wo so viel große undt wunderliche evenements vorgangen, alß in dießem. Hette Diogene drinen leben können, würde er viel ursachen zu philosophiren bekommen haben. … Ich glaube, daß mons. de Vendosme fro wirdt sein, daß der printz de Conti König worden undt fort muß, denn die beyde waren immer riveaux von mons. le dauphins faveur undt waren gar jalous von einander; der gantze hoff war unter dießen beyden getheyllet, ich allein bin neutral blieben. Gestern kam zeittung, daß mons. de Vendosme zweymahl die contrescarpe zu Barcelonne eingenohmen undt zweymahl darvon ist weg gejagt worden, alß nehmblich den 4. undt 5. dießes monts, den 6. aber haben sie es erhalten undt ihr logement drin gemacht; es seindt unerhört viel leütte dort umbkommen und kan man sich nicht beßer wehren, alß die belägerten thun. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 14. Juli 1697 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 292–293
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0298.html
Änderungsstand:
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