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Brief vom 21. Juli 1697

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


300.


[294]
St. Clou den 21. Julli 1697.
… Man sagt, daß man in der gantzen frantzöschen armée persuadirt ist, daß König Wilhelm hatt ahn mein tochter gedacht undt daß milord Portlandt davon ahn mons. de Bouffler gesprochen hatt. Wenn dießes geschehen könte, wolte ich mich woll getrösten, daß sie nicht in Teütschlandt käme, denn ich habe eine rechte estime vor König Wilhelm, undt wenn es wahr ist, daß er meine tochter will, werde ich ihn recht von hertzen lieb haben; Gott gebe, daß es wahr seye undt daß man nicht zu bigot hir sein möge. Ich consentire von hertzen, daß man dießen heüraht mache, ohne mir etwaß davon zu sagen; man hatt mir meinen sohn ohne mein wißen so gar übel verheüraht, so were es doch billig, daß man meine dochter auff selbige manir woll versorgt. Außer was E. L., oncle undt meine kinder betrifft, alles andere was in der welt geschicht, sehe ich mitt großer indifferentz ahn undt ist mir wie ein spectacle. … Ich habe offt ahn papa s[eelig] sagen hören, daß niemandes in der welt Michel de Montagne[1] beßer possedire alß E. L.; Rablais[2] hatten I. G. s[eelig] allezeit bey sich undt gingen niemahlen auff heimblich gemach ohne ein capittel davon zu leßen …
Die Königsmärckin wirdt sich itzunder auch woll catholisch machen undt dadurch vielleicht hoffen, daß sie der Churfürst[3], so er König in Poln bleibt, sie heürahten wirdt, denn man sagt, daß, weillen die Churfürstin von Saxsen[4] sich nicht will catholisch machen, sich der Churfürst von ihr wirdt [295] scheyden müßen, denn die Poln keine lutherische Königin werden leyden. Ich habe in den holländischen zeittungen gesehen, daß der eyffer des herrn, umb nach der heyl. schrifft[5] zu reden, die Churfürstinen von Saxsen greülich gefreßen hatt undt daß die Saxsen der Churfürstinen befehl eher gefolgt alß des Churfürsten, so er ihnen durch den fürsten von Fürstenberg hatt geben laßen: nehmblich die meß in der hoffcapell leßen zu laßen. Der säxsische hoff ist seyder ein zeit her ein theatre von gar wunderlichen begebenheitten, welche noch nicht zu endt sein. Man sagt auch, die Churfürstin solle den kleinen Churprintzen ahn ihre fraw mutter geschickt haben, umb ihn von des Fürstenbergs händen zu salviren; weillen dieße Churfürstin so sehr von ihrer religion persuadirt ist, jammert sie mich recht, denn ihre betrübtnuß muß erschrecklich sein[6]. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 21. Juli 1697 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 294–295
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0300.html
Änderungsstand:
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