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Brief vom 8. Dezember 1697

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


320.


[312]
Versaille den 8. December 1697.
E. L. gnädiges schreiben kame mir gestern woll à propo, umb mich zu erfrewen undt zu trösten über alle langeweille, so ich bey dem beylager[1] außgestanden. Der preß war so abscheülich, daß ich ahn jede thür eine viertelstundt stehen müßen, ehe wir hinein kommen können. Ich hatte einen rock undt unterrock ahn so abscheülich schwer, daß ich schir nicht stehen kont; war gantz von gefrisirt golt mitt schwartzen schnillien[2], so die blumen formirt, undt die parure war perlen undt diamanten. Monsieur hatte ein schwartz sammet kleit mitt golt gestickt, undt alle die große diamanten; mein sohn ein golt gestickt kleit mitt allerhandt farben undt toutte pierre drauff; mein dochter ein grün sammet kleydt mitt golt gestickt, ober- undt unterrock, undt [313] gantz mitt rubinen undt demanten gebrembt der gantze leib; die broderie war so mitt fleiß gemacht, daß jede roße wie eingesetzt drin stunde; auff dem kopff voller enseigne[3] undt poinçons von rubinen undt goltbandt undt voller demanten. Der König hatte ein goltstück, auff den taille brodirt mitt ein wenig haerfarb; msgr. auch ein goltstück, über undt über mitt golt brodirt. Der breüdigam-manteau war schwartz mitt golt gestickt, ein wammes weiß mitt golt gestickt undt demanten knöpff, der mantel mitt couleur de rose atlaß gefüttert, mitt golt, silber undt haerfarb broderie. Die braut hatte ein silberstück kleidt undt unterrock ahn mitt silber bandt, mitt rubinen undt demanten gebrembt. Die demanten waren alle die von der cron, sowoll in der coiffure alß überall. Mons. le due d’Anjon[4] hatte ein golt brocard mitt silber gestickt; mons. le duc de Bery[5], mein favorit, hatte ein schwartz sammet ahn mitt kleinen golten blumen gestickt; mad. de Chartre[6] kleydt war wie das von mons. le duc d’Anjon, ihre parure war von demanten. Mad. la duchesse[7] hatte ein kleydt von couleur de feu sammet mitt silber gestickt undt die parure war demanten. Mad. la princesse de Conti[8] war wie mein tochter grün samet, ober- undt unterrock mitt golt bordirt, ihre parure war perlen, demanten undt rubinen. Mad. la princesse[9] hatte einen sameten rock ahn, der unterrock war mitt golten galonnen, die parure: demanten. Mad. de Condé hatte ein couleur de feu samet rock undt unterrock mitt silber bordirt, undt demanten zur parure. Das ist alles was ich mich von den paruren erinern kan. Man ging umb 3 viertel auff 12 in die meß; es war nur eine basse meß, so der cardinal de Coalin[10] alß premier aumonier sagte. Ehe die meß ahnfing, würde die verlobnuß gehalten; der König, Monsgr., Monsieur undt ich stunden umb braut undt breüdigam herumb. Wans ahns ja sagen ginge, machte die braut 4 reverentzen, der breüdigam nur zwey, denn er foderte nur seines herrn vatters undt groß herrn vatters consens, die braut aber Monsieurs undt die meine alß groß eltern. Wie die meß ahnging, ging der König undt wir andern wider ahn unßern platz, der breüdigam aber undt die braut blieben kniendt vor dem altar. Ich habe vergeßen zu sagen, daß l’assemblée ins Königs salon war. Der breütigam holte die braut undt führte sie zum König, gingen geradt vor den König her. Wie die meß auß war, wurde [314] das register unterschrieben von König, braut, breütigam, hernach von Monsieur undt mich alß eltern, von mons. le duc d’Anjou, de Beri, mein sohn undt mons. le prince alß zeugen. Wie man wider weg ging, nahm die braut ihren rang alß duchesse de Bourgogne hinter dem König; der breüdigam führte sie doch. Man ging stracks zur taffel, die war gemacht wie ein huffeyßen; es aß niemandts mitt alß was vom hauß war undt alle die bastards; mad. de Verneull[11] aß auch mitt, weillen sie Henri IV. bastards[12] witwe ist. Ahn taffel wurde mir die zeitt nicht lang, denn ich saß bey meinem lieben duc de Beri[13], der machte mich lachen; er sagte: je vois mon frère[14] qui lorgne sa petite femme[15], mais si je voulois, je lorgnerois bien aussi, car il y a bien long temps, que je say lorgner, il faut regarder fixe et de costés undt machte damitt seinen herrn bruder recht possirlich nach. Nach dem eßen ging man in der duchesse de Bourgogne cammer; da blieb man eine viertel stundt stehen, hernach ging ein jeder in sein kammer. Umb 7 versamblete man sich wider bey dem König; da war die foule so abscheülich, daß der König, so bey mad. de Maintenon geweßen war, nicht durchkommen konte, sondern ein viertelstundt ahn der thür wartten muste, biß die foule esclaircirt war. Man warttete ins Königs salon 3 viertelstundt auff die englische Königliche personen, die ging unßer König mitt der braut undt unß allen in der antichambre entgegen. Die Königin[16] hatte ein goltstück mitt schwartzen blumen, die parure waren demanten; der König auß Engellandt[17] hatte ein haarfarb samet mitt golten bouttonieren. Man ging in ordre ins große apartement[18], wo man 3 viertelstundt au portique spilt; hernach ging man in die gallerie, das fewerwerck zu sehen, so all schön war; von dar zur taffel. Die Könige setzten die Königin zwischen sich, die übrigen waren dieselben, so ahm mittag ahn taffel geweßen waren. Gleich nach dem nachteßen führte man die braut in ihre cammer undt zog sie auß; die Königin gab ihr das hembt, dergleichen that der König in Engellandt dem duc de Bourgogne. Man konte nichts schönners sehen alß der braudt toilette undt betttuch, welches ein ellen hoch spitzen hatt, points de Venise, aber zu Paris gemacht, mitt braut undt breütigams wapen undt chiffre. Sobaldt man den breütigam ins bett gelegt, ruffte der König den savoyischen ambassadeur undt wieße sie ihm im bett; der schickte von stundt ahn einen edelman auff die post, ahn mons. le duc de Savoye[19] dieße zeittung zu bringen. Wie das geschehen, ging jederman nach hauß. Heütte morgen ist gar nichts neües, dießen abendt aber umb 6 wirdt der König ein grand cercle mitt der duchesse de Bourgogne halten biß umb ein viertel auff 8, dan wirdt man ins apartement gehen. Heütte seindt wir noch alle gebutzt. … [315]
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 8. Dezember 1697 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 312–315
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0320.html
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