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Brief vom 19. Januar 1698

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


326.


[319]
Versaille den 19. Januari 1698.
… Ich glaube, daß man hir nichts von der heyligen schrifft nimbt alß dieße worte: Der herr bedarff sein[1]; in widergeben hatt man keine devotion. Wenn jemandes waß vor die raugräffliche kinder wirdt außrichten können, so wirdt es mons. Spanheim[2] sein, weillen man seines Churfürsten von nöhten hatt, undt die dame, so mir nicht holt ist[3], wirdt fro sein zu erweißen, daß man eher frembten waß zu gefallen thut, alß mir. Hirvon aber werde ich gar keine jalousie haben; wenn man nur dießen gutten kindern guts thut, bin ich schon zufrieden. Ich versichere E. L., daß die englische königliche personen ihr unglück mitt großer standthafftigkeit undt tugendt ertragen. E. L. trösten mich recht, mich zu versichern, daß sie sich auch in Dero unglück ergeben. Man kan nicht allzeit schreyen, es hilfft auch zu nichts, lachen erhelt die gesundtheit, kacken undt furtzen met verlöff helffen [320] auch viel dazu, bin also fro, daß E. L. es thun, höre also lieber, daß E. L. es thun, alß von staadtssachen, so ich wenig verstehe … Ich habe E. L. auch alles explicirt, wie es mitt den printzen du sang beschaffen ist: ob sie zwar mitt unß eßen, so verhindert es nicht, daß sie unß die serviet zu wäschen geben; wenn keine ceremonien sein, so eßen die princes du sang nicht mitt dem König undt schir nie die rechtmäßige printzessinnen du sang alß mad. la princesse[4] undt ihre fraw töchter; sobaldt wir aber entfernt sein, alß nehmblich Monsieur undt ich, so lest der König die große princes de Conti[5], mad. la duchesse[6] undt mad. du Maine[7] mitt sich eßen, summa: alles was bastardzeüg in weibern ist; aber die söhne nie, alß wenn beylager sein undt alle princes du sang mitt eßen. Wenn die Königin in Engellandt[8] zu Fontainebleau mitt dem König ist, alßdan eßen alle printzessinnen du sang auch mitt, aber die printzen nicht. So ist es beschaffen … Man zweiffelt hir, daß die Poln leyden werden, daß die Königin in Poln[9] bey ihrem König[10] wirdt sein dörffen, so lang sie noch lutherisch ist. Die gantze cristenheyt solte den König in Poln helffen, gantz souverain über die Poln zu werden, umb alle fürsten zu rächen, die die dieße leütte verspott haben. …
Alß ich wider von Paris komme, finde ich in meiner cammer den schönen stuhl, so E. S. selbsten vor mich gemacht, wovor ich gantz demütigen danck sage; werde dießen stuhl all mein leben behalten undt ihn nie ahnsehen, ohne ahn E. S. zu gedencken. Ich habe gleich woll gesehen, daß es ein türckisch oder persianisch patron sein müste; man findt es über die maßen schön undt woll gearbeitt; es ist auch magnifiq, denn es ist gar viel golt undt silber drin. Carllutz[11] hatt vielleicht das kißen zu Corinthe bekommen, ist vielleicht noch ein muster von der alten grigischen Königen meublen; käme es von Athene, bildete ich mir ein, es were ein muster von Thesée meublen; aber wenn dießes schon were, könte es mir nicht ahngenehmer sein, alß von mein hertzlieb ma tante gnädigen händen zu kommen. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 19. Januar 1698 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 319–320
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0326.html
Änderungsstand:
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