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Brief vom 20. Juli 1698

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


349.


[339]
St. Clou den 20. Julli 1698.
… Ich habe woll gehofft, daß das buch von mons. de Meaux E. L. divertiren würde. Wie mir mons. de Meaux die sache von mad. de Guion mündtlich verzehlt hatt, so helt mons. de Cambray[1] nur mad. de Guion parthey, umb seine übermäßige ambition zu bedecken, denn es ist nichts gewißer alß daß dieß alles nur ein spielgen war, umb den König undt gantzen hoff zu regieren, undt die resolution war gefast, mad. de Maintenon zu gewinnen, wie auch geschehen, umb den König gantz zu gouverniren. Man hatt gantze listen bey ihnen gefunden von chargen, wie sie den gantzen hoff haben endern wollen undt ihren creaturen überall die höchsten stellen geben; die religion ist was man ahm wenigsten hir ahngesehen hatt. Wie aber mad. de Maintenon gesehen, daß mons. de Meaux die fourberie entdeckt, undt gemerckt, daß es hapern könne, ist ihr angst worden, der Konig mögte mercken, wie sie ihn regirt, hatt also gleich umbgesattelt undt mad. Guion sambt ihrer gantzen parthey verlaßen. Da ist denn alles ahn tag kommen. Ich versichere E. L., daß dießer bischofstreit nichts wenigers alß den glauben zum ziel hatt, alles ist pure ambition undt man denckt schir ahn keine religion mehr, es hatt nur den bloßen nahmen davon; also die vers, so man auff dießen bischoffstreit gemacht, woll wahr, daß der glauben [340] allein verderben wirdt. Ich weiß nicht, ob E. L. dieße vers gesehen haben, in allem fall setze ich sie hieher:
Dans ces combats, où nos prelats de France
Semblent chercher la verité,
L’un dit qu’on destruit l’esperance,
L’autre se plaint, que c’est la charité,
C’est la foy qu’on destruit et personne n’y pense
. …
Weillen die hertzogin von Zelle so vielerley religionen geweßen, muß sie mehr von unßerm Herrgott reden können, alß andere, denn sie muß wißen, wie jede religion von Gott dem allmächtigen spricht. Mich deücht, die contreversen seindt nicht divertissant leßen zu hören … Wie ich sehe, so ist Mezetin[2] sehr in gnaden bey patte[3], weillen er ihn allezeit bey sich hatt. Mezetin ist ein artig bürschen, allezeit lustig. Wie E. L. mir die hertzogin von Zelle[4] beschreiben, glaube ich, daß Mezetin nicht so sehr bey ihr in gnaden ist, alß bey ihrem herrn, weillen sie von nichts alß unßerm Herrgott spricht, welches Mezetins stiel gar nicht ist … Mad. Guion[5] ist zwar nicht jung, glaub aber nicht, daß sie 50 jahr alt ist. Man verzehlt mir gestern, daß man den la Combe examinirt hette, ob er offt bey mad. Gion[6] geschlaffen hette, so hette er gravement geantwort: Je ne l’ay ombrée qu’une seulle fois, nous nous en trouvames si mal tout deux, que nous n’y avons plus retournés. Dieße phrase d’ombrée hatt jederman lachen machen. Ich kene den bischoff von Cambre[7] gar woll, er hatt mir alß ein gar ehrlicher wackerer mann geschienen, ist ahngenehm in discoursen, aber nicht von person, denn der hatt nur die hautt über die knochen gezogen. Es ist mir leydt, daß ihn seine ambition so in unglück gestürzt hatt, denn er war vorher ein rechter tugendtsamer mann, ist sehr beliebt in sein dioecese. Die alte zot hatt ihn in diß unglück gestürzt; viele sagen, sie haße ihn, weillen er sich oponirt hatt, daß ihr heüraht möge declarirt werden. … Wie die weiber jetzt ohne leiber undt nur in escharpen dahergehen, macht mich fest glauben, daß man endtlich die schaam gantz wirdt auff ein seit setzen undt im sommer hinten undt fornen alles weißen; ich muß lachen, daß E. L. sagen, daß es nicht so viel kosten würde alß schöne kleyder. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 20. Juli 1698 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 339–340
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0349.html
Änderungsstand:
Tintenfass