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Brief vom 11. Januar 1699

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


367.


[352]
Versaille den 11. Januari 1699.
In dulci jubilo ho ho, nun singet undt seydt froh ho ho, unßers hertzen wohohone ligt in praesepio ho ho, undt leuchtet alß die sohohone [353] matris in gremio ho ho, alpha es et o ho, alpha es et o[1]. Wo E. L. biß heütte nicht gesungen haben, so bin ich doch versichert, daß die paucken undt trompetter es E. L. vorgespilt haben, weillen es heütte neüjahrstag bey E. L. ist, wünsche E. L. also alles glück undt vergnügen, so sie sich selbsten wünschen undt begehren mögen. … Wenn der gräffin Platten kranckheit[2] nichts anderst ist alß in kein faveur mehr zu sein, glaube ich, daß ihre kranckheit biß ahn ihr endt ohne geneßung wehren wirdt. Sie muß auch woll nicht mehr dran pretendiren, weillen sie kein weiß noch rodt mehr tregt. Ich wüste nicht, daß eine so heßliche ursach den printz von Tarante[3] so übel zugericht hatte. E. L. sagen nicht, welche Königin ein mari de conscience hatt; weillen sie aber den marschalck Güldenstern nenen, muß es die Königin in Schweden sein. Es ist alß wenns eine schuldigkeit were, daß alte Königinen mari de conscience haben müsten: außer I. M. die Königin in Böhmen, E. L. fraw mutter s[eelig][4], sonsten weiß ich keine alte Königin, so man nicht ein mari de conscience geben hatt; die reine-mere hir[5] soll Mazarin[6] geheüraht haben, die reine-mere d’Angleterre[7] den mylord St. Alban[8], dieße itzige Königin in Engellandt soll mylord Feversham geheüraht haben, die reine mere in Denemarck, hatt man gesagt, hette Jochem Henrich Bulaw[9] zum mann gehabt, dieße Königin in Schweden soll nun den Güldenstern haben. Es muß etwaß in den gecronten häubtern stecken, so sich übel mitt dem alleinschlaffen schickt, daß die Könige undt Königinen nicht ohne weiber noch weiber [ohne Männer?] bleiben können. Mir aber, die ich keine Königin bin, kompt es gar leicht vor, denn ob ich schon geheüraht bin, so ist es doch 16 gantzer jahr, daß ich alleine schlaffe, undt es bekompt mir gar woll. Der König sagt, daß der Czaar seine schwester, die princes Sophie, noch nicht hette kopffen laßen, aber er hette etlichen boyars selber den kopff abgeschlagen. Das hatt er doch nicht in Hollandt, Engellandt noch Teütschlandt gelernt, wundert mich, daß dieße länder dem herrn die barbarische undt cruellen manir nicht abgewehnt haben, denn er hatt doch woll gesehen, daß man ein großer herr sein kan ohne den hencker zu agiren. … Ich weiß durch mein eygen experientz leyder nur gar zu woll, wie ellendt es ist, wenn man gar kein gelt hatt undt kein guts thun kan; muß lachen, daß E. L. sagen, daß man eher einem armen teüffel gleicht, alß den göttern, wie die heylige schrifft die fürsten nennt. Jedoch so hatt unßer [354] herr Christus eine arme figur in dießer welt gebracht undt ist nicht alß ein reicher erschienen. … Hir hatt I. L. der Churfürst von Braunsweig[10] nicht zu bereuen über die wörter, so I. L. zu viel gesprochen haben, denn ich habe kaum ja undt nein drauß ziehen können; aber alle die, mitt welchen I. L. gesprochen, haben Dero verstandt sehr gelobt. Alle die, so nichts lieben, machens so, sie suchen was ihnen ahn den leütten mißfahlen kan, aber nicht, was sie gutts ahn sich haben …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 11. Januar 1699 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 352–354
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0367.html
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