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Brief vom 8. Februar 1699

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


370.


[355]
Versaille den 8. Februari 1699.
Ehe ich auff E. L. letztes gnädiges schreiben antworte, muß ich E. L. erst verzehlen, wie der bal zu Marly abgeloffen. Donnerstag aß der König undt wir alle umb 9 zu nacht; gleich nach dem eßen ging man zum bal, der fing umb 10 ahn; umb 11 kamen die masquen. Man sahe eine dame ahnkommen, die schiene wie ein thurm so hoch undt breit, denn es war mons. [356] le duc de Valantinoys[1], mons. de Monaco[2] sohn, der gar groß ist. Dieße dame hatte eine mante, die ging biß auffm boden; wie sie in der mitte vom sahl kam, that sie ihre mante auff, da sprungen lautter figuren von der ittallienschen commedie herauß. Mein sohn stelte sich wie ein rechter polichinelle, machte unß alle von hertzen lachen. Mons. le dauphin kam mitt einer andern troupe gar wunderlich masquirt, enderte von 3 oder 4 kleyder … Der bal wehrte biß ein virtel auff 2. Ich konte es nicht so lang außstehen, ging ein wenig vor 1 weg. Freitag umb 7 abendts kam der König undt die Königin von Engellandt ahn; sie gingen gleich zu mad. de Maintenon mitt dem König. Dar hernach ging der bal ahn; alle damens waren sehr parirt in robe de chambre; die duchesse de Bourgogne[3] kam erst ein halb stundt, nachdem der bal ahngefangen war, denn sie war en beau masque auff spanisch recht artig gekleydt mitt einem hüdtgen … Eine halbe stundt hernach kamen 7 oder 8 masquen undt tantzten eine entrée vom opera mitt guitarren: das war mein sohn, comte Dayen[4], printz Camille[5], laValiere[6] in manskleyder ridiculle undt mons. le dauphin; mons. Dantin[7] undt mons. de Brionne[8] waren wie damens en robe de chambre … Dantin tantzte mitt solcher macht, daß er mons. de Brione über einen hauffen stieß; der fiel auff den hintern gerade vor der Königin in Engellandt füßen. E. L. können woll gedencken, waß vor ein gelächter es gab. Kurtz hernach ging mein lieber duc de Bery hin undt kleydte sich in baron de la Crasse undt kam daher undt tantzte alleine eine entrée recht poßirlich. Der bal wehrte biß umb 11 abendts, da ging man zur taffel. Gleich nach dem eßen ging der König in Engellandt [undt] die Königin wider weg, undt gestern gleich nach dem eßen ist jederman wider hieher. … Sage E. L. demütigsten danck vor des Churfürsten von Bayren brieff ahn seinen Churprintzen; ich habe eine instruction, so unßer papa s[eelig] ahn den herrn von Seltz[9] geschrieben, die finde ich viel schöner …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 8. Februar 1699 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 355–356
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0370.html
Änderungsstand:
Tintenfass