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Brief vom 4. März 1699

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


374.


[359]
Marly den 4. Mertz 1699.
… Es ist doch eine wunderliche nation die englische mitt ihrer stetten unbeständigkeit; sie werden Königs Wilhelms verstandt nicht rosten laßen undt ihm materi genung geben, seinen großen verstandt zu exerciren. Es [360] muß König Jacob woll gehen wie E. L. fraw mutter, die Königin in Böhmen; er muß leütte in Engellandt haben, so I. M. flatiren, sonsten könte er ohnmöglich falsche hoffnung schöpfen, wie er thut. Hir were es nicht gutt vor Carl Moritz[1], mitt seinen querellen käme er baldt in die bastille, denn man ist hir so severe über die duels, daß man eine commedie nicht mehr spiellen darff, so le jaloux[2] heist, weillen ein duel drinen ist. Daß der raugraff seüfft, ist nicht artig; ich wolte, daß er sichs abgewente. Hir will man nicht glauben, daß König Wilhelm waß mitt seiner harangue außrichten wirdt, undt man sagt, das parlement bleibe fest auff den punckten, daß er seine troupen abschaffen solle[3]. Es ist etwaß abscheüliches, was ein menge leütte wegen der religion auß Franckreich weg sein. Die herrn pfarer theten woll, sich zu was anderst zu bequemen undt wie E. L. gar recht sagen: sie solten sanct Petrus undt Paulus exempel folgen undt handtwercke wehlen; vielle können vor preceptoren bey junge kinder dinnen. Es ist woll wahr, daß was die herrn prediger sagen etwaß gar altes undt langweilliges ist; wir werden nun ein hauffen predigen hören müßen, welches mir schon zum vorauß leydt ist … Wenn ich römische Königin werden solte undt wider gantz jung, so wolte ich es nicht sein mitt dem beding, so in ceremonien mein leben zuzubringen, wie mir unßere hertzogin schreibt, daß die römische Königin thun muß, ich stürb in 8 tagen vor pure langeweill, ich könte es ohnmöglich außstehen …
Hertzog Anthon Ulrich[4] hatt mir durch mons. Busch[5] sagen laßen, es were ihm so leydt, nicht woll mitt E. L. herrn sohn undt hertzog Jorg Wilhelm zu stehen; es würde aber nicht an ihm liegen, daß das gantze hauß nicht mögte wider verglichen[6] sein, undt daß er nichts mehrers wünscht. Ich bin persuadirt, daß er mir diß hatt sagen laßen, damitt ichs E. L. wider schreiben möge; das thue ich dan hirmitt. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 4. März 1699 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 359–360
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0374.html
Änderungsstand:
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