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Brief vom 9. August 1699

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


388.


[375]
Marly den 9. Augusti 1699.
… Ich muß E. L. doch noch eine impertinentz von die hießige hertzogen[1] verzehlen. Wie man vor 14 tag meinte, daß die reiß gewiß were, schickten sie mad. de Vantadour[2] zu Monsieur, umb zu sagen, daß, weillen mein dochter den fürsten von hauß Lotheringen ein chaise à dos geben hette (welches doch nicht wahr war), begehrten sie auch eine, denn sie weren den fürsten gleich. Monsieur sagte, er wüste nicht, was sie ahn den hertzog von Lotheringen zu pretendiren hetten, allein mein dochter alß petitte fille de France könte ihren rang nie verliehren; weillen sie aber difficulteten fünde, were es beßer, daß sie nicht hinginge; er wolte den König davon sprechen. Der König war von dem alten weib[3] gewohnen, antwordte, mein dochter könten sie nichts disputiren, allein was sie ahn den hertzog zu pretendiren hetten, da wolle er sich nicht in mischen. Das blieb dabey. Wie wir wider herkamen, explicirte Monsieur dem König, daß die hertzogin nicht allein vom hertzog, sondern von meiner dochter la chaise à dos pretendirten undt deßwegen mad. de Vantadour nicht mir wolten laßen. Das hatt den König so verdroßen, daß er ihr absolute befohlen, mir zu folgen. E. L. können leicht gedencken, wie diß den hertzogen verdroßen; sie seindt so doll über Monsieur undt mich, daß sie mad. de Vantadour persuadiren wollen, unß zu quittiren. Der hochmuht von den ducs steigt zu hoch; sie wollen über alle fürsten sein. Ein teütscher fürst von rechtem guttem hauß were woll närisch, wenn er her käme undt alle tag mitt dem rattenzeüg zu disputiren hette. Ich wolte es keinem rahten, denn das alte weib hatt den König dermaßen auff ihre seitte gebracht, weillen ihre niepce[4] mitt der zeit duchesse werden wirdt. Daß der König die fürsten nicht mehr ahnhört undt sagt, er wolle sich nicht in die sach mischen, unterdeßen geht alles drunter undt drüber undt ist schir kein rang mehr in Franckreich. … Alles was man nur bey die dame lest kommen, daß seindt lautter gnaden undt die Königliche printzen en faveur, wenn sie sie auffwarten dörffen. Nie ist [376] keine junge undt schönne metres so ahngebetet worden alß diß alte weib. So verliebt der große mann auch von seinem alten schätzgen ist, kan er doch woll leicht dencken, welch eine schande es ihm were, wenn er die sach gantz laudt machte, undt derowegen kan er sich nicht dazu resolviren, denn der gutte mons. de Cambray[5] (dem es thewer genung gekost hatt) soll dem König blat herauß gesagt haben, daß es ihme eine ewige schande sein würde, wofern er die sach laudt mache, undt das kan dem König noch woll etlichmahl einfallen. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 9. August 1699 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 375–376
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0388.html
Änderungsstand:
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