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Marly den 9. Augusti 1699.
… Ich muß E. L. doch noch eine impertinentz von die hießige
hertzogen
[1] verzehlen. Wie man vor 14 tag meinte, daß die reiß gewiß were,
schickten sie mad. de Vantadour
[2] zu Monsieur, umb zu sagen, daß, weillen
mein dochter den fürsten von hauß Lotheringen ein chaise à dos geben
hette (welches doch nicht wahr war), begehrten sie auch eine, denn sie weren
den fürsten gleich. Monsieur sagte, er wüste nicht, was sie ahn den hertzog
von Lotheringen zu pretendiren hetten, allein mein dochter alß petitte fille
de France könte ihren rang nie verliehren; weillen sie aber difficulteten
fünde, were es beßer, daß sie nicht hinginge; er wolte den König davon
sprechen. Der König war von dem alten weib
[3] gewohnen, antwordte, mein
dochter könten sie nichts disputiren, allein was sie ahn den hertzog zu
pretendiren hetten, da wolle er sich nicht in mischen. Das blieb dabey. Wie
wir wider herkamen, explicirte Monsieur dem König, daß die hertzogin nicht
allein vom hertzog, sondern von meiner dochter la chaise à dos pretendirten
undt deßwegen mad. de Vantadour nicht mir wolten laßen. Das hatt den
König so verdroßen, daß er ihr absolute befohlen, mir zu folgen. E. L.
können leicht gedencken, wie diß den hertzogen verdroßen; sie seindt so doll
über Monsieur undt mich, daß sie mad. de Vantadour persuadiren wollen,
unß zu quittiren. Der hochmuht von den ducs steigt zu hoch; sie wollen
über alle fürsten sein. Ein teütscher fürst von rechtem guttem hauß were
woll närisch, wenn er her käme undt alle tag mitt dem rattenzeüg zu
disputiren hette. Ich wolte es keinem rahten, denn das alte weib hatt den
König dermaßen auff ihre seitte gebracht, weillen ihre niepce
[4] mitt der zeit
duchesse werden wirdt. Daß der König die fürsten nicht mehr ahnhört undt
sagt, er wolle sich nicht in die sach mischen, unterdeßen geht alles drunter
undt drüber undt ist schir kein rang mehr in Franckreich. … Alles was
man nur bey die dame lest kommen, daß seindt lautter gnaden undt die
Königliche printzen en faveur, wenn sie sie auffwarten dörffen. Nie ist
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keine junge undt schönne metres so ahngebetet worden alß diß alte weib.
So verliebt der große mann auch von seinem alten schätzgen ist, kan er doch
woll leicht dencken, welch eine schande es ihm were, wenn er die sach gantz
laudt machte, undt derowegen kan er sich nicht dazu resolviren, denn der
gutte mons. de Cambray
[5] (dem es thewer genung gekost hatt) soll dem
König blat herauß gesagt haben, daß es ihme eine ewige schande sein würde,
wofern er die sach laudt mache, undt das kan dem König noch woll
etlichmahl einfallen. …