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Brief vom 27. August 1699

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


389.


[376]
St. Clou den 27. Augusti 1699.
… Ich thue mein bestes, mich in alles zu finden, allein etlichmahl gehen mir die sachen doch greülich nahe, alß zum exempel daß die reiß zu meiner dochter zurück gangen. Das hatt mich unerhört geschmertzt; das gutte kindt, mein dochter, hatte mich so von grundt ihrer seelen zu sich gewünscht … In der meß habe ich ein brieff von mad. de Beuveron[1] bekommen, die schreibt mir, daß ihr neveu, der marquis d’Harcourt[2], so abgesanter in Spanien ist, ahn seinen vatter, den marquis de Beuveron geschrieben, daß die zeittung von der Königin in Portugal[3] todt dort zu Madrit ahnkommen seye, welche woll einen wunderlichen todt gehabt: sie hatte sich die ohren nie durchstechen laßen, bekame schöne ohrring, die wolte sie tragen, ließe sich derowegen die ohren durchstechen; ist gleich dran gestorben, denn sie hatte met verlöff met verlöff die frantzoßen vom König[4] bekommen. Ihre 8 kinder, die sie nachlest, sollen sie auch alle 8 haben. Ich muß E. L. doch auch verzehlen, wie mein dochter gestern niederkommen ist: umb 12 war sie noch bey dem bal, denn sie hatten ein feste, umb 1 ginge sie nach bett, umb 3 morgendts wirdt ihr wehe undt umb 11 kame sie nieder; ihr söhngen soll groß, frisch undt gesundt sein; Gott der allmächtige erhalte es! …
Alles ist hir auff den alten schlag: der König liebt nichts in der welt alß sein alt weib, die kleine duchesse de Bourgogne undt seine bastard, Msgr.[5] nichts alß seine comediantin[6], die princesse de Conti[7] undt madlle de Lislebonne[8], Monsieur den la Carte[9] chev. de Roye[10] undt waß noch mehr der bursch ist, vor die geheime geselschafft, undt viell met verlöff met verlöff huren zur offendtlichen geselschafft. Im übrigen seindt mehr caballen, intriguen undt boßheiten alß nie unter dem schein der gottesfurcht. So ist [377] dießer hoff beschaffen; ich leb in der einsambkeit wie ein klein reichsstättel[11], denn ich kan nicht intrigant sein, undt mitt den langweilligen gehe ich nicht gern umb. … Man redt hir im landt gar nichts davon, wie man mitt den reformirten umbgeht, höre also gar nichts davon; aber wenn man die leütte so tractirt hette, wie ich habe catholisch sollen werden, würde ich es mein leben nicht geworden sein. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 27. August 1699 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 376–377
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0389.html
Änderungsstand:
Tintenfass