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Brief vom 30. August 1699

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


390.


[377]
St. Clou den 30. Augusti 1699.
… Ich kan nicht begreiffen, wie man so hart gegen seine leibliche brüder sein kan. Ich will woll glauben, daß I. L. der Churfürst[1] meint, kein unrecht zu haben, allein mich deücht, die generositet undt nahe verwandtschafft erforderte, daß I. L. Dero herrn brüder mitt guttthat undt douceur gewinen solten; darüber würden sie von mäniglich gelobet werden. … Die Knißebeckin[2] ist nicht allein, so sich einbildt, daß man mitt psalmenbeten waß außrichten kan; ich habe hir im landt ein gantz buch davon gesehen, ich habe es aber vor eine nardey gehalten, derowegen das buch nicht behalten. Allein ist es wahr, daß die gräffin Platten auß purer jalousie den Königsmarck umbs leben gebracht hatt, so kan dießer violenter humor sie woll selber umbbringen ohne psalm …
Mons. Leibnitz thut woll, sich zu divertiren; hilfft er hertzog Anthon Ulrich die Octavia[3] auß schreiben, so wirdt sie gewiß sehr schon werden, denn man kan nicht beßer schreiben, alß er schreibt; in teütsch ist es kein wunder, aber im frantzöschen wunderts mich, daß er so woll schreibt, denn er hatt keine eintzige alte fraze[4]. Der gutte Chapusseau[5] schreibt bey weittem nicht so woll; ich sage E. L. zwar demütigen danck vor die vers, so sie mir von dießem belieben zu schicken, man könte ihm aber sagen wie misantrop zu Oronte[6]: le sonet est bon à mettre au cabinet, undt das sonnet ist noch das beste. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 30. August 1699 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 377
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0390.html
Änderungsstand:
Tintenfass