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Brief vom 17. Februar 1700

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


407.


[394]
Marly den 17. Februari 1700.
… Ich glaube, daß Beauvernois E. L. divertiren wirdt, wünsche, daß er noch possirlich sein möge, E. L. die zeit zu verdreiben zu Zelle. Seines vattern lob streicht er nicht sonderlich woll herauß; ich glaube, daß alles wahr ist was der vatter von dem sohn undt der sohn von dem vatter sagt. Man könte von ihnen beyden sagen, wie jungfer Colbin alß pflegt zu sagen, wenn sie leütte sahe, so nicht viel deügten, dann sagte sie: die geben keinen gutten pfanenkuchen, denn es seindt faulte eyer undt stinckende butter. Beauvernois meint vielleicht, der hertzog von Zelle undt E. L. weren wie der König; weill er sicht, daß die refugirten sich bey E. L. beyderseyts salviren, meint er vielleicht, der eyffer von der religion were starck. Ich glaube, er hatt die religion, so alle junge leütte jetzt hir haben, nehmblich keine … Wie ich sehe, so liebt patten eben so wenig die ceremonien, alß ich. Wenn E. L. undt patte gleich 40 jahr junger weren, könten sie doch woll ohne scandal mitt einander fahren, denn ein schwager ist ja wie ein bruder. Wie kan patte sich mitt dem trawerigen humor seiner hertzogin[1] behelffen, denn I. L. seindt ja noch lustig? wenn dieße hertzogin weniger ahn religionen gedächte, würde sie gesunder sein undt windt undt wetter nicht so sehr zu förchten haben … Die gutte fraw von Harling schreibt mir, daß die gräffin Platten hette endtlich gar einen sanfften todt gehabt[2]. Es ist ihr woll geschehen, denn es ist beßer sterben, alß so gar ellendt zu leben. Alle hanreyen seindt nicht so ungedultig alß mons. de Montespan; hir in Franckreich seindt [395] auch gar gedultige. Man sagt, die Montespan seye itzunder in einer großen devotion. Es ist noch nicht lang, so wurde ihr mann kranck; sie ließ ihm sagen, daß, wenn er sie leyden wolte, wolte sie zu ihm wider kommen undt ihn in seiner kranckheit warten. Er antwortete aber, wenn sie kommen wolte, so solte sie alle ihre kinder mitt bringen, so wolte er sie woll entpfangen, sonsten nicht; also ist sie nicht hin. Ich hatte woll von etlichen gehört, daß graff Platten ein bastard vom hauß Platto were, aber von andern, daß man meinte, er seye ein bastard von pattes herrn vatter[3]; das were noch etwaß respectirlicher. Graff Platten ist ein gutter mensch, aber sein sohn[4] ist greülich hoffärtig, mögte wißen, ob er seine extraction weiß, das solte ihn doch ein wenig demütigen. Ich hoffe, daß man E. L. beßern spaß zu Zell machen wirdt, alß meine albere brieffe thun können. … Mich wundert, daß es der teütsche adel gelitten hatt, daß Stiquinels[5] kinder es so weit gebracht haben, denn ihr vatter gab sich ja gar nicht auß vor ein mann von qualitet, heürahte ja auch nur E. L. cammermätgen[6]; wie können dan die kinder so große figur machen, denn ich glaube nicht, daß sie mehr in gnaden bei patte sein, als ihr vatter war. Carl Moritz muß nicht genung reflectiren, wie sehr es ihm selber verdriest, wenn man ihm eine widerliche warheit sagt, sonsten würde er mehr acht auff seine reden haben; es geht da wie das sprichwort sagt: Vorgethan undt nachgedacht hatt viel undt manche in reü gebracht[7]
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 17. Februar 1700 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 394–395
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0407.html
Änderungsstand:
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