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Brief vom 4. Juli 1700

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


417.


[405]
St. Clou den 4. Julli 1700.
… Alle die vom pfältzischen hoff kommen, sagen, daß nichts magnifiquers ist; allein alles wirdt reunirt, der peupel muß so viel schatzgelt geben, daß sie schir alle davon lauffen, dem adel benimbt man seine freyheit undt schätzt sie auch undt macht sie zu bettler. Das kan ich doch nicht loben undt es deücht mir, der Churfürst thete beßer, seinen hoff nicht anderst einzurichten, alß er zu meines herrn vattern s[eelig] zeitten war, keine schulden zu machen undt sein volk nicht zu schinden undt den gutten adel erhalten; da, deücht mir, hette dießer Churfürst mehr ehre von[1]. Der Churfürst lest jetzt das arme schloß zu Heydelberg wider zurecht machen, umb drinen logiren zu können; man soll auch gar starck zu Manheim bauen. … Daß männer taback schnauffen[2], ist heßlich zwar undt unsauber, daß man aber weiber durch die naß hört reden, weill sie die naß voll taback haben undt die [406] finger stehts in der männer tabacktiere stecken, das kompt mir abscheülich vor, undt es ist nichts gemeiners jetzt hir … Zu Maubuisson habe ich ma tante die fraw abtißin Gott sey danck in einer gar vollkommenen gesundtheit gefunden undt haben mitt einander beyde woll wider unßere wünsche erneüert, E. L. noch einmahl zu Maubuisson zu sehen. Mad. Brinon[3] haben wir gar kranck gefunden; es ist ihr bitter bang vor dem sterben. Wenn ich die devotten so bang vor sterben sehe, dencke ich alß daß sie entweder unßern Herrgott nicht so lieb haben alß sie sich stellen, oder zweyfflen müßen, nach dießem leben zu unßerm Herrgott zu gehen, denn mich deücht, daß, wer persuadirt, hinzukommen, wo das ist, was man so hertzlich liebt, solte man mehr freüde alß angst haben, zu sterben …
Zu St. Germain unter dem clergé sollen unerhörte uneinigkeiten sein; mons. de Reims[4] ist gegen die jesuwitter undt verfolgt sie, der ertzbischoff d’Auch[5] hergegen ist vor sie, undt sollen sie alle so hart ahn einander gekommen sein, daß man den mons. d’Auch übel tractirt. Die jungen äbt, so dem ertzbischoff von Reims haben gefahlen wollen, haben sich so emportirt, daß sie dem mons. d’Auch hörner gemacht haben. Das kompt mir possirlich vor, daß, indem die catholische kirch versamblet ist, alles zu regliren undt man meßen ahn den heylligen geist lest, wirdt nichts anderst drauß, alß daß sie einander zancken undt hörner machen. Mons. d’Auch hatt nicht wider in die versamblung gewolt, man gebe ihm denn reparation; endtlich hatt man ihm doch wider äbt geschickt undt bitten laßen, wider in die versamblung zu kommen … Ma tante von Maubisson ist gantz verwundert, daß E. L. sich mitt enten undt schwanen amusiren können[6]. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 4. Juli 1700 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 405–406
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0417.html
Änderungsstand:
Tintenfass