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Brief vom 9. September 1700

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


426.


[413]
St. Clou den 9. September 1700.
… Ich kan nicht begreiffen, waß vortheil die dänische rähte gefunden, ihrem König[1] so übel zu rahten … Der König von Schweden[2] muß einen sanfften sinn haben, mitt all sein courage undt jugendt so erbar zu [414] haußen; welches recht löblich an ihm ist. Wie mons. Davaux[3] I. M. beschreibt, wirdt ein rechter heros auß dießem König werden. Mons. de Chamillie[4] muß das sprichwort nicht betracht haben: wer von drewen stirbt, wie der muß begraben werden[5], weill er gemeint, alles mitt drewen außzurichten. … Ich finde, daß I. L. mein padgen[6] groß recht hatt, betrübt über ihres herrn chimere[7] zu sein, denn das kan I. L. nichts alß viel zwang undt langeweille zuwegen bringen, so bey der Königlichen grandeur unvermeydtlich sein. Weint ich recht herauß sagen soll, waß ich mir davon einbilde, so glaube ich, daß dießer hoff hir jemandes bey Chur Brandenburg gewonen hatt, umb I. L. dießes beyzubringen, daß sie König werden solte, in hoffnung, daß diß dießen Churfürsten von der ligue trennen mögte, so, wie das geschrey geht, gegen Franckreich zwischen dem Keyßer, Savoyen, Churpfaltz, Brandenburg undt das gantze hauß Braunsweig gemacht sein solle … Auff die biblische sachen werde ich nichts mehr sagen; allein wenn man alles glauben muß ohne raisoniren au pied de la lettre[8], müste man es machen wie ein laquay von mons. de Samour, so grandveneur war. Der hatte einmahl viel felthüner geschoßen, legte sie in eine schüßel, gab sie einem seiner laquayen, sie dem König zu bringen. Wenn man dem König ein present schickt, so lest man die zum König, so es tragen: also kam dießer laquay auch vor den König undt pressentirt die felthüner. Der König, nachdem er sie gesehen hatte, sagte: portés cela à ma bouche (so heist hir des Königs küche); der laquay, so es nicht wuste, zog die schüßel zurück undt sagte: O Sire; der König sagte: il n’y a point d’O Sire, je veux qu’on porte ces perdrix à ma bouche. Der laquay nahm ein felthun undt stieß es dem König ins maul. Das war ein gutter catholischer christ, denn er nahm es woll au pied de la lettre … Ich habe mitt freüden ersehen, daß E. L. mitt der gegenwart des lieben Churprintzen von Brandenburg[9] undt hernach mitt der von I. L. der Churfürstin seindt erfrewet worden. Alle die von meiner kundtschafft den artigen Churprintzen gesehen, finden ihn gantz wie E. L. mir I. L. beschreiben; der graff von Donna[10] hatt große ehr von seiner zucht. Aber der Churprintz hatt so viel verstandt, daß einem bang darbey wirdt[11]. Ich gönne es der gutten fraw von Harling [415] auch woll, die freüde gehabt zu haben, ihre letzte zucht wider zu sehen, denn ich glaube, daß I. L. der Churprintz das letzte kindt ist, so die gutte fraw von Harling erzogen hatt …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 9. September 1700 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 413–415
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0426.html
Änderungsstand:
Tintenfass