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Brief vom 30. Dezember 1700

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


439.


[426]
Paris den 30. December 1700.
… Gott seye danck, daß E. L. handt wider frey ist[1]. Es were mir woll leydt, wenn E. L. mir nicht schrieben, wie es ihnen im kopff kompt undt sich meinetwegen contraigniren wolten: das were schön, daß E. L. sich vor Dero Lisselotten zwingen solten! Des raugraffs[2] aug muß etwaß abscheüliches sein, wie E. L. es beschreiben, doch ein glück, daß es nur das schlime ist; E. L. feltscherer werden ehre einlegen, wofern sie ihn heyllen. Der neüe König in Preussen[3] fengt die sach starck ahn, wenn sie nur auch bestehen kan. Die reiß muß abscheülich viel kosten; 6000 pferdt en relais zu haben, wie kan man so viel pferdt finden? Denn ich dachte, daß kein landt were, so so viel taußendt pferdt hette. Ich glaube, daß die junge hoffdamen waß spitz drein sehn werden von viellem reißen; es wirdt der Königin in Preussen auch woll ein wenig fett schmeltzen machen … Man muß dem König undt der Königin von Engellandt zu St. Germain gesagt haben, daß ich nicht aprobire, daß I. M. so in sorgen sein, daß der printz von Wallis von religion endern möchte, undt gesagt haben, daß sie ihn lieber wolten brenen sehen, alß reformirt werden, denn die Königin sagte mir vor 8 tagen, daß sie woll wüste, daß man übel findt, daß sie nicht wünschte, daß ihr sohn von religion enderte, allein sie were in dem glauben erzogen worden, daß man einig undt allein in der römischen catholischen kirchen solte seelig werden können, also könte sie nicht zugeben, daß ihr sohn von religion endern solte. Ich schwieg still, denn hette ich meine meinung gesagt, hette ich mir händel ahngemacht. Es were woll meine meinung, daß man den printz de Galle enleviren laßen; man sagt im sprichwort: Gestohlen brodt schmeckt woll[4], glaube also, daß, wenn sie dießen printzen stehlen undt in Engellandt führen solten, würden sie ihn desto lieber haben, denn der herr ist artig undt verständig undt ahngenehm. Hetten die königliche personnen ihr handtwerck recht gewust, weren sie noch auff dem thron. Milord Verfax[5], wie König Jacob herkam, schrieb ahn einen seiner bekandten hir: Vous verés le Roy Jaque et en le voyant vous verés nostre excuse de tout ce que nous avons fait. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 30. Dezember 1700 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 426
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0439.html
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