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Brief vom 18. September 1701

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


469.


[016]
Versaille den 18. September 1701.
Das hertz ist mir noch gantz schwer über den todt von dem gutten König Jacob[1], so endtlich vergangen Freytag umb halb 4 nachmittags sein trauriges leben geendet hatt. Er hatt in warheit ein seeliges endt gehabt, oder es ist keine seeligkeit vorhanden, denn Job ist nicht gedultiger in seinem unglück geweßen, alß dießer arme König. Sein hertz hatt mühe zu brechen gehabt, undt hatt erschreckliche gichter vor seinem endt außgestanden, den verstandt aber biß in den letzten ahtem behalten. Es ist etwaß erschreckliches undt unerhört, wie betrübt die Königin[2] ist; wie man sie weg geführt, hatt sie geschrieen, daß mans von einem hoff in den andern gehört hatt; sie ist untrostbar, jammert mich woll von hertzen. Der kleine König[3] ist artig, hatt recht hohe minen, ist auch recht betrübt, aber wie ein groß mensch… Ich sage E. L. gantz demütigen danck vor die überschickte copie von meines [017] herrn vattern testament; es were aber ein groß unglück vor mir, wofern es nicht unterschrieben worden, denn das ist meine große resource gegen die ungerechte heürahtsverschreibung, so man mir gemacht undt welche mich allem schein nach gantz umb das meinige bringen wirdt. Ich will mich aber nicht vor der zeit in sorgen setzen; unßer Herrgott hatt mich bißher ohne großen mangel erhalten, er wirdt mir auch noch woll ferner beystehen… Ich habe lieber, daß es heiß, alß kalt wetter ist, befinde mich viel beßer dabey, ob ich zwar sehr schwitze, alleweill noch muß ich mein gesicht abwischen, schwitze wie ein dantzbeer[4]… Es ist gewiß, daß es nur schwachheit von Monsieur s[eelig] war undt ahnstifftung von canaille, daß er mir so zugegen war, denn ich hatte I. L. mein leben nichts zuwider gethan; was I. L. s[eelig] aber ahm schlimsten ahn sich hatten, war die falschheit, denn wenn er mich flattirte undt beßere worte gab, alß ordinarie, so war es gewiß, daß er mir einen schlimen poßen bey dem König oder mons. le dauphin oder sonst jemandes ahngemacht hatte…
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 18. September 1701 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 16–17
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0469.html
Änderungsstand:
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