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Versaille den 12. Januari 1702.
… Der König in Preussen kan nie fehlen gefeyert zu werden, denn
thun es andere nicht, so thut er es selber. Es ist etwaß gar wunderliches,
daß hertzog Max, so lutherisch ist, einen jesuwitter
[1] zum intendanten von
seinem hauß hatt. Es ist kein wunder, daß dießer hertzog trawerig ist, wenn
er kein gelt hatt undt nicht nach seinem stande leben kan; allein wie er seine
sach in allem ahnfengt, hatt der jesuwitter keine ehre davon, denn es ist
gewiß, daß I. L. rahtgeber nichts teügen müßen, zu sehen alle die conduitte,
so hertzog Max in seiner sach gehalten hatt. Der humor muß ein wenig
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leicht sein alß wie die falcken, womitt I. L. stehts fliegen. Aber mich deücht,
es ist schimpflich vor den römischen König, einen so nahen vettern bey sich
zu haben, den er lieb hatt, in nöhten sicht undt nicht beysteht… Was macht,
daß ich die lutherische lieder nicht vergeße, ist, daß ich sie alle jahr mitt
der fraw von Rathsamshaussen
[2] singe, wenn sie hir ist, also mein
gedächtnuß leyder nicht so gutt alß E. L. woll meinen. Ich glaube nicht, daß es
dem König in Spanien möglich sein wirdt, die inquisition abzuschaffen, die
mönchen, insonderheit die Dominicaner, seindt gar zu gefährlich; der König
were seines lebens nicht sicher, wo er sie attaquirt. Wenn ich mein
hertzlieb ma tante sagen könte, was mich leünisch gemacht, sie würden sagen:
Lisselotte hatt dießmahl kein unrecht, leünisch zu sein; aber wie ich die sach
woll gern ahn E. L., aber nicht ahn mons. de Torcy
[3] sagen wolte undt
es doch gewiß ist, daß dießer sich alle meine brieff expliciren lest, muß es
also nur auff eine sichere gelegenheit versparen. Es muß der Ittalliener
sort sein, schöne mausolée zu bekommen; das schönste, das schir zu Paris
ist, hatt man Lulli
[4] gemacht, wo er begraben ist; die prediger haben
dagegen gepredigt, aber es hatt nichts geholffen. Es ist von schwartz undt
weißem marmel, recht schön. Stiquinells
[5] invention, umb geadelt zu werden,
ist ein recht artig histörgen. …